Chile


Santiago de Chile



2/5/17

¡Bienvenido en Suramérica!

Unsere ersten Tage verlaufen holprig. Wir haben mit Jetlag, Kakerlaken, Stromausfällen und Motivationsproblemen zu kämpfen, haben wir uns doch extra ein Airbnb-Zimmer im Zentrum Santiagos gebucht, um die ersten paar Tage unsere Nebenjobs für den Monat Mai zu erledigen. Das Bedauern ist groß, dass das wunderbare Hochzeitswochenende so schnell vorbei ging, daher fingen wir an alle Fotos zu sortieren und hochzuladen, sodass wir alle in schönen Erinnerungen schwelgen können.
In viel zu ausgedehnten Mittagspausen erkunden wir die Stadt. Santiago hat aber verhältnismäßig wenig zu bieten. Neben dem obligatorischen Plaza de Armas, besichtigen wir einen Park auf einem Hügel und fahren mit einer Seilbahn hoch zum größten Stadtpark Lateinamerikas, von wo aus man eine hervorragende Sicht auf die Anden genießen kann. Außerdem erkunden wir einen riesigen Gemüsemarkt und lassen uns von der App HappyCow (findet vegan/vegetarische Restaurants) den Weg weisen. Dank der App, finden wir wenigstens fleischfreie Alternativen zum übrigen sehr fastfoodlastigem Essen. Zum großen Leid Sylvias waren alle veganen Completos (Hot Dog mit Ketchup, Mayo und Guacamole) bisher immer ausverkauft. Dafür gibt es an jeder Ecke frisch gepresste Säfte.
Wir nutzen die Zeit, um uns zu organisieren: neben Happy Cow besorgen wir uns chilenische Pesos, eine SIM-Karte, lesen im Lonely Planet alles über Chile und planen zum ersten Mal so etwas wie eine Route. Wir gewöhnen uns sogar ein wenig an das español chileno, das so klingt als hätte man sich die Backen mit Nüssen vollgestopft, verglichen mit Nils' Erinnerung an den Spanisch-Intensivkurs aus der Uni. Am letzten Abend treffen wir uns mit Javi, einer Freundin aus Berlin, und gehen Sushi essen (ja, davon gibt es hier sehr viel sogar :D ).
Da als nächster Stopp sowieso schon Valparaíso eingeplant war, freuen wir uns umso mehr, dass Javi so von ihrer Heimatstadt schwärmt. Mit turbus, unserem Verkehrsmittel Nummer 1 in Chile, machen wir uns auf den Weg. Der Fernbus in Deutschland könnte sich in Sachen Komfort gerne mal eine Scheibe abschneiden. Und obwohl die restlichen Preise in Chile (leider) viel zu gut mit denen in Europa mithalten können, sind Busfahrten immer noch ein wahres Schnäppchen.


Valparaíso



9/5/17

Stadtplanung nicht vorhanden

Nach weniger als 2 Stunden Busfahrt erreichen wir Valparaíso. Wir quartieren uns im 10er Schlafsaal im Hostel Mitico ein und sammeln bei einem Spaziergang die ersten Eindrücke der Stadt. Valparaíso ist bekannt für seine vielen Hügel, die man mit verschiedenen Seilbahnen erreichen kann, bunten Häuser und Graffitis. Am besten genießt man die Aussicht von einem Hügel aus über die verrückten Gassen, überall quer verlegten Stromleitungen, den Hafen und die Bucht bis Viña del Mar. Anfangs war Valparaíso nur ein Hafen, quasi erster Stopp aller europäischen Seefahrer auf dem Weg zu ihren Zielen in Süd- und Mittelamerika, der noch unten um die Südspitze Amerikas verlief, jedenfalls bis zur Eröffnung des Panama-Kanals 1914. Viele blieben in der Stadt hängen, wodurch diese sich völlig unorganisiert den Berg hoch entwickelte und Einflüsse vieler verschiedener Kulturen erhielt. Neben den ersten Brauereien installierten die Deutschen z.B. die Feuerwehr, die auch heute immer noch 'Feuerwehr' heißt.
Am zweiten Tag nehmen wir an einer Free Walking Tour teil und lernen die Hintergründe vieler Graffitis kennen. Auch wenn die Tour wirklich gut war, können wir nicht abstreiten, dass uns der Halt in einem Empanada Imbiss mit anschließender Pisco Sour Verkostung am meisten gefallen hat. Delicias Express hat wirklich die größte und leckerste Auswahl an frittierten Empanadas. Leider hat sich Valparaíso nicht von seiner besten gezeigt, da es 2 Tage lang weltuntergangartig regnete. Am letzten Tag besuchten wir daher aus Verzweiflung ein Museum und verkrochen uns mit allen anderen Gleichgesinnten im Hostel. Abends hat uns der Regen dann leider doch erwischt, als wir Javis Wohnung nicht finden konnten. Völlig durchnässt und erleichtert, endlich angekommen zu sein, haben Javis Burritos gleich noch viel besser geschmeckt ;-)


Die Atacama Wüste



12/5/17

Wir düsen weiter nach San Pedro de Atacama

Wir haben Glück mit unserem Airbnb. Esteban kommt aus Patagonien und hat es gerade erst aufgemacht. Ein wenig außerhalb des viel zu touristischen Zentrums leben wir WG-ähnlich mit Esteban, einem Franzosen und einem chilenischen Guide in einer kleinen Holzhütte. Das beschauliche San Pedro ist mitten in der Atacama-Wüste komplett für Touristen angelegt, die von hier aus verschiedenste Touren ins Umland starten können. Entsprechend teuer ist das Essen hier (vor allem frisches Obst und Gemüse), sodass wir uns umso mehr über die kleine Küche bei Esteban freuen.
Wir erkunden die nähere Umgebung per Mountainbike und besichtigen Ruinen einer Inka-Siedlung, das Death-Valley mit seinen Sanddünen und quälen uns für den Sonnenuntergang einen Berg hoch, während wir scharenweisen von Touri-Bussen überholt werden, die sich dick und faul durch die Wüste karren lassen. Die Frau an der Kasse des Aussichtspunkts hat sichtlich Mitleid und winkt uns augenzwinkernd ohne Ticket durch.
Dass es nachts kalt wird in der Wüste haben wir ja schon gehört, aber wie sich das dann am eigenen Leib anfühlt, durften wir am nächsten Tag erfahren. Unser Tour-Guide Javi (ja, häufiger Name hier) wollte uns zwischen 4 und 5 Uhr morgens abholen. Wir standen schön deutsch kurz nach 4 auf der Straße und wurden aber natürlich erst irgendwann nach 5 aufgegabelt. Über Nacht haben die Chilenen anscheinend einfach mal die Uhr auf Winterzeit umgestellt, sodass wir fast sogar noch ne Stunde früher in der Kälte gewartet hätten.
Nach zweistündiger Fahrt durch die Atacama-Salzwüste erreichen wir el Tatio, eine Geysir-Landschaft in den Bergen. Magisch! Bei -8 Grad sehen wir den Sonnenaufgang und baden in den heißen Geysir-Quellen. Auf dem Rückweg sehen wir sogar Vikunjas (so eine Art Lama). Mittlerweile wird es auch wieder ziemlich warm und wir können nach und nach unsere sieben, acht Schichten ablegen.
In einem kleinen, total abgeschiedenem Bergdorf, das mittlerweile nur noch vom Tourismus lebt, probiere ich Lama-Fleisch (nachhaltig und tierfreundlich von den Familien hinterm Haus gehalten), es schmeckt wie Lamm, und Sylvia eine Empanada mit ebenso gut produziertem Ziegenkäse).
Wir besichtigen an unserem letzten Tag außerdem das sogenannte Mondtal, eine Gegend in der Atacamawüste, die der Mondoberfläche recht ähnlich sieht. Nach dem Ende der letzten Eiszeit floss das gesamte Schmelzwasser von den Anden in den Pazifik. Aufgrund des heißen und trockenen Wüstenklimas verdunstete dabei ein Großteil des sehr mineralhaltigen Wassers und hinterließ eine komplett weiße Salzkruste auf der Oberfläche mit kleinen Kratern und mitgeschleppten Felsbrocken. In der Atacama-Salzwüste wird übrigens Nitrat gewonnen (was vor der Gewinnung von Dünger durch Erdöl auf den Weltmarkt hohe Gewinne erzielte). International bekannt wurde der Bergbau hier übrigens zuletzt durch das Drama um die 33 monatelang unterirdisch eingesperrten Bergleute.


Iquique



16/5/17

Es folgen zwei traumhaft schöne, filmreife Urlaubstage rund um Sylvias Geburtstag. Wir gönnen uns ein richtig schniekes Hotelzimmer mit Meerblick, in das wir schon morgens um 5 nach Ankunft mit dem Nachtbus einchecken, sodass es sich wie 3 Nächte anfühlt. Alá Terence Hill und Bud Spencer futtern wir das Frühstücksbüffet fast komplett leer und decken uns für den gesamten Tag mit Sandwiches und Obst ein. Wir trödeln durch den weißen Stadtkern, schlendern an der grünen Palmen umsäumten Promenade entlang, tun einen veganen Fast-Food-Laden auf (Completos leider ausverkauft, ¡caramba! - Verflixt!) und schnabulieren Wein und Oliven zum Sonnenuntergang. Geplant außerdem: Marie und Nathalies Hochzeitsgeschenk, ein Paragliding-Flug von dem riesigen Berg, der wie eine gigantische Sanddüne hinter der Stadt thront und sie scheint sich längs ans Meer zu quetschen. Wir geben zu, wir sind ein wenig nervös. Aufgrund einer kurzfristigen Übung der chilenischen Airforce verschieben unsere Piloten Christian und Jorge den Flug allerdings auf den nächsten Tag. Na gut, dann gehen wir eben an den Strand. Während die Chilenen im Spätherbst bereits Wintermäntel tragen holen wir Weißbrote uns doch glatt einen kleinen Sonnenbrand, hrm... schnell ab zum nächsten Highlight: der Paragliding-Flug. Da Marie und Nathalie bereits bezahlt haben, haben wir keine Wahl. Christian und Jorge holen uns ab, karren uns auf den Berg, ketten uns das Flug-Geschirr an und haken sich und Kite ein. Ehe man sich versieht, finden wir uns schon auf den schrägen Abgrund zulaufend wieder, bis plötzlich die Beine nicht mehr den Boden erreichen und in der Luft strampeln. Mit sanftem Druck in die Kniekehlen zwingen uns die Piloten zum hinsetzen. Wir fliegen! Die Düne lassen wir rechts liegen, kreuzen die Bergstraße, vor uns die quirlige Stadt, dahinter das traumhaft blaue Meer umsäumt von Hochhäusern, der Sonne entgegen. Atemberaubend! Nach 20 Minuten ist leider alles schon vorbei. Total begeistert und ein wenig berauscht landen wir am Strand. Was für ein schöner Abschied, Chile! Vielen Dank! Aber du warst uns ehrlich gesagt auch ein wenig zu teuer und zu weit entwickelt und westlich. Uns zieht es jetzt weiter nach Peru..


Über die Grenze nach Peru

Wir hüpfen ins Taxi (kostet meist weniger als ein paar Euro) und erwischen am Bus-Terminal direkt einen Bus nach Arica. Von dort weiter zur peruanischen Grenze und mit kurzer Aufregung wegen falscher Passnummer auf Sylvias Einreisestempel (bzw. -karte) weiter nach Tacna in Peru. Dort spüren wir eine ranzige, aber günstige Absteige für die Nacht auf, wechseln die chilenischen Pesos in peruanische Sol, essen und fallen hundemüde ins Bett, da nach peruanischer Zeit mittlerweile sogar 7 Stunden zwischen uns und der MEZ liegen und unser Tag somit mal wieder eine Stunde mehr hatte. Wir fragen uns, wann man uns die Zeit wohl wieder vom Leben abzieht.
Wir wachen wie fast immer überfrüh auf, da unser Schlafrhythmus hier total durcheinander geraten ist wegen der Zeitverschiebung und der immer früher startenden Touren, und frühstücken am Markt neben dem Busterminal. Die Strecke nach Arequipa misst zwar nur etwa 360km, führt aber in und durch die Berge und ist teilweise echt schlecht ausgebaut. Es kommt vor, dass der Bus durch Flüsse holpert, irgendwo angehalten und nach Drogen durchsucht wird oder man zu einer Mittagspause gezwungen wird. Wir sind aber schlimmeres aus Kambodscha und Thailand gewohnt und mittlerweile wahre Reiseprofis. Auf Märkten decken wir uns vorher mit Avocados (ultragünstig hier!) und Brötchen (wenns gibt, integrale, Vollkorn, das sich hier vom Weißbrot aber nur durch etwa zweieinhalb dunkle Körner pro Brötchen unterscheidet) und ganz viel frischem Obst, mehreren Litern Wasser und manchmal auch Nüssen ein.
Diese Fahrt dauert im Endeffekt mal wieder länger als die vorhergesagten 7 Stunden. Wir schlafen viel, lesen, planen unsere weitere Route oder schreiben neuerdings auch an diesem Blog weiter. Oft laufen auch alberne Filme auf dem großen Busfernseher wie Monster Trucks und Vaiana natürlich auf spanisch, über die sich die Einheimischen köstlich amüsieren können. Da wir gezwungener Maßen irgendwie doch mitschauen, lernen wir wenigstens ein bisschen die Sprache.


Peru


Arequipa



19/5/17

Die weiße Stadt

In Arequipa nach einer sehr langen Busfahrt angekommen, können wir uns für keine Tour zum Colca Canyon entscheiden, deswegen bleiben wir erstmal einen Tag in Arequipa selbst um die Stadt zu erkunden und uns zu organisieren (Simkarte für Peru besorgen, usw.). Arequipa ist auch als "weiße Stadt" bekannt, da viele Kirchen, Klöster und weitere koloniale Gebäude aus weißen "sillar" Felsen gebaut wurden. Obwohl Arequipa die zweitgrößte Stadt Perus ist, ist das Zentrum recht überschaulich und die Atmosphäre in der Stadt sehr entspannt. Auf der Suche nach einer Post (wie immer in einem neuen Land - damit wir uns mit Briefmarken für sämtliche Polaroid Postkarten eindecken können) lassen wir uns ein bisschen durch die Gassen treiben und enden in einer großen Markthalle. Hier gibt's meistens das leckerste und günstigste Essen, auch wenn es nicht immer für schwache Mägen geeignet ist. Außerdem gibt es auf den Märkten meistens eine extra Gasse für frisch gepresste Säfte. Ein Saft pro Tag ist quasi ein Muss geworden.
Den restlichen Tag relaxen wir in den Hängematten auf der Dachterrasse unseres Hostels. In manchen Hostels fühlt man sich gleich wie zu Hause, die in Arequipa und Cusco gehören auf jeden Fall dazu. Sei es wegen der netten Zimmer und des meist super netten Personals, oder wegen des Wäscheservices oder der Touren, die man direkt vor Ort buchen kann oder des Frühstücks mit frischen Säften und Banana Pancakes und natürlich wegen der vielen Gleichgesinnten, die man trifft. Für rund 15 Euro für ein Doppelzimmer bekommt man zwar sehr einfache Zimmer, dafür ist der ganze Service der Familienbetriebe außenrum unbezahlbar. Als ich (Sylvia) mir in Cusco mal wieder den Magen verdorben habe, hatte die Herbergsmama so ein schlechtes Gewissen, dass wir auschecken mussten, dass sie mich sofort mit einer Decke aufs Sofa legte und mir den berühmten Coca Tee kochte bis wir zum Flughafen aufbrechen mussten. Auf Cocablättern kaut man entweder gemütlich rum oder kocht sich einen Tee aus ihnen. Sie sollen helfen gegen die Höhenkrankheit. Wir befinden uns ja, seit wir in Peru sind, über 3000m Höhe. Da geht einem schon mal etwas schneller die Puste aus. Weiterhin dienen Cocablätter als das Hausmittel Nr. 1 gegen alles, Magenbeschwerden, Erkältungen, Müdigkeit. In anderen Ländern sind sie leider nicht erlaubt, da aus ihnen Kokain hergestellt wird. Aber keine Sorge in den minimalen Mengen, die man hier konsumiert und außerdem unverarbeitet, wirken sie nicht wie Kokain. Am Ende des Tages entscheiden wir uns für eine 2-tägige Wandertour zum Colca-Canyon und gehen sehr früh schlafen, da wir am nächsten Tag um halb 5 morgens abgeholt werden sollen.

Colca Canyon

Der Colca Canyon gehört mit seinen 3191m Tiefe zu den größten der Welt und ist fast doppelt so tief wie der berühmte Grand Canyon in den USA. Von unserem Startpunkt aus in Chivay kann man Kondore beobachten, die mit einer Spannweite von bis zu 3m erhaben durch den Canyon fliegen. Wir sind ca. 10 Personen in unserer Gruppe und ein Guide. Noch etwas müde und total begeistert von der schönen Natur beginnt die erste Etappe, die daraus besteht drei Stunden lang den steilen Canyon herunter zu wandern. Wir sind alle noch sehr gut gelaunt nach dem Motto "so schlimm kann es ja nicht werden und bergab ist ja eh nicht so anstrengend". So sollten wir uns täuschen. Nach drei Stunden steil bergab wandern, können die Beine schon ziemlich schmerzen. Nach einem kleinen Mittagessen (für uns ausgehungerten Wanderer zu klein) und einem kurzen Nickerchen auf der anliegenden Wiese geht es weiter zur nächsten 3 stündigen Etappe. Diesmal aber etwas beinschonender mit keinen allzu großen Höhenunterschieden im Canyon. Auch wenn die Wanderung insgesamt relativ anstrengend war und ich eine Woche lang einen Muskelkater hatte - Nils natürlich nicht, hat sie sich mehr als gelohnt. Die Aussicht, die man währenddessen genießt, ist einfach unbeschreiblich. Die Nacht verbringen wir im Dorf namens Oasis, das seinen Namen wahrhaftig verdient hat. Wir schlafen zwar in sehr einfachen Hütten und die Essensportionen waren auch diesmal sehr knapp bemessen, dafür gibt es mit Canyonwasser befüllte Pools, in denen man etwas entspannen kann und die dann auch die Dusche des Tages darstellen. Am nächsten Morgen mussten wir den steilen Canyon wieder drei Stunden lang hochkratzeln und zwar um 5 Uhr morgens. Aber auch dafür wird man entschädigt durch die schöne Aussicht und den wunderbaren Sonnenaufgang. Nach einem Frühstück endet die Tour mit einem Bad in Thermalquellen, was wirklich das beste für unsere müden Beine war.


Titicacasee



24/5/17

Puno

Puno ist die langweiligste Stadt auf unserer bisherigen Reise. Wir wurden aber von anderen Reisenden gewarnt und wollen, wie alle, die hier ankommen, eigentlich nicht nach Puno, sondern zum angrenzenden Titicacasee, den man am besten bei einer Bootstour erkundet.
Der Titicacasee war erstaunlich ruhig und leise und die Wolken hingen sehr tief, da der See so hoch gelegen ist. Wir besuchten die Islas Uros, Inseln, komplett aus Schilf gebaut. Das Volk der Uros floh vor den Inkern aufs Wasser, lebte zunächst nur auf Flößen, begann aber dann Schilf zu Inseln aufeinander zu stapeln. Zwei, dreimal im Monat müssen die Bewohner auch immer wieder Schilfschichten nachlegen, da sie unten wegfaueln. Die Inseln lassen sich auch durch die Gegend navigieren. Meist lassen sie die Anker aber fest im Boden stecken, da sie Angst haben, auf die bolivische Seite des Sees zu treiben, sie besitzen ja schließlich alle keine Reisepässe. Mittlerweile leben die wenigen verbleibenden Familien vom Turismus.
Danach geht es weiter auf die richtige Insel Taquile. Unser Boot ist ultralangsam und braucht etwa 3 Stunden. Taquile ist süß, wir sind zum Essen bei Einheimischen zu Gast und bekommen sogar noch einen traditionellen Tanz vorgeführt. Danach müssen wir auch schon wieder zurück nach Puno.


Cusco



26/5/17

Die ehemalige Inka-Hauptstadt

Cusco werden wir in sehr guter Erinnerung behalten. Die Stadt dient als Ausgangspunkt zum Machu Picchu und ist daher relativ überlaufen, dennoch hat sie ihren Charme bewahrt und wir haben nicht wenige Reisende kennen gelernt, die ihren Aufenthalt hier um einige Wochen verlängert haben.
Wir nahmen an einer Free Walking Tour teil. Neben den typischen Spots, nahm der Guide uns mit auf den Markt. Relativ unbeeindruckt dachten wir "hmm, hier waren wir ja schon", wurden dann aber überrascht, was man auf dem Markt alles kaufen kann, was wir übersehen hätten. Die Tour diente gleichzeitig zur peruanischen Pflanzenkunde. Dabei handelt es sich nicht einfach um normale Pflanzen. Uns wurde erklärt, welche Art von Kaktus als Droge eingesetzt werden kann, welche Aufputschmittel es gibt und wie ein Drogenentzug unter Aufsicht eines Schamanen abläuft.
Cusco beherbergt gleichzeitig eine Veggie- und Yogaszene und so haben wir es uns besonders im Künstlerviertel "San Blas" kulinarisch sehr gut gehen lassen. Auf dem Weg zu einem Lokal, das uns von einem veganen Pärchen aus Kalifornien empfohlen wurde, ließ Nils sich die Haare schneiden. Es wirkte so, als hätten Nils und der Friseur beide Angst. Ich hatte meinen Spaß. Die Frisurenhefte waren schon mal sehr amüsant. Beim Haare schneiden und Hantieren mit dem Rasiermesser konnte man richtig sehen, wie der Friseur zitterte. Aber dafür war das Resultat akzeptabel. Und für umgerechnet 2 Euro wollen wir uns mal nicht beschweren.
In der Umgebung von Cusco kann man außerdem sehr viele alte Inka Ruinen besichtigen, so haben wir uns von einem Taxi bis zur höchsten Ruine am Berg fahren lassen und dann eine gemütliche Tageswanderung bergab an allen Ruinen vorbei gemacht.

Machu Picchu - eins der neuen 7 Weltwunder

Es gibt drei Möglichkeiten in den Ort Aguas Calientes (Machu Picchu) zu gelangen. 1. Man hätte 6 Monate vorher den Inkatrail buchen können, eine sicherlich wunderschöne 4 Tage Wanderung. Soweit im Voraus planen fällt uns aber leider schwer. 2. Mit dem Zug, der Inka Bahn, für 70 US-Dollar hinfahren. Leider viel zu teuer. 3. Mit einem alten Klapperbus 7 Stunden durch ein extrem kurviges steiles Gebirge fahren bis zur vorletzten Zugstation (für 15 Dollar hin und zurück) und die restlichen 12 km an den Bahnschienen entlang wandern. Dafür entscheiden sich die meisten Backpacker und so auch wir :-) Die Busfahrt war etwas beschwerlich, die Dame vor uns konnte ihr Frühstück nicht bei sich behalten, dafür war der Weg an den Schienen entlang wunderschön. Wir würden es jeder Zeit wieder genauso machen. Wir erreichten Aguas Calientes im Regen, als es langsam dunkel wurde und fanden den Ort, an einem reißenden Fluss gelegen und so gemütlich beleuchtet, gleich schön.
Am nächsten Morgen um 04:00 Uhr klingelte der Wecker und wir beeilten uns das Eingangstor zu erreichen, wo uns bereits eine 50m lange Schlange erwartete. Zusammen mit ca. 200 anderen, die sich nicht einfach von einem Bus den Berg hochkarren lassen wollten, wanderten wir anfangs noch im Dunkeln eine Stunde den steilen Berg zum Machu Picchu hoch. Wir waren einfach nur beeindruckt. Wie eine Stadt mitten in den Bergen versteckt liegen kann, wirkte gerade beim Sonnenaufgang fast mysthisch. Wir erkundeten die Ruinenstadt, wurden von ein paar Lamas, die auf unsere Avocadosandwiches scharf waren, verfolgt und machten uns dann schon gegen 10 Uhr morgens wieder auf den Rückweg als die Tourimassen, die mit dem Zug anreisten, eintrafen und somit irgendwie auch den Zauber nahmen. Da der Tag noch jung war und es in Aguas Calientes, was übersetzt heißes Wasser heißt, dem Namen entsprechend Thermalquellen gibt, verbrachten wir hier den Nachmittag.


Lima



30/5/17

Perus Hauptstadt

Da wir uns die 22 stündige Busfahrt durch die Anden nach Lima ersparen wollten, entschieden wir uns relativ kurzfristig für einen nur fast gleich teuren Flug.
Über Lima können wir leider nicht allzu viel sagen, mir (Sylvia) ging es nicht so gut, daher haben wir viel Zeit in unserem AirBnb verbracht. Am ersten Tag haben wir trotzdem einen Abstecher ins Zentrum und einen kleinen Spaziergang zum Plaza de Armas (Wohin auch sonst?) gemacht. Während uns die Innenstadt von Lima nicht wirklich mitgerissen hat, hat uns unser Viertel "Barranco" am nächsten Tag umso besser gefallen. Ich würde es als eine hippe Mischung aus Berlin und Tel Aviv beschreiben. Hätten wir nicht noch 4 Monate reisen vor uns, hätte ich mich hier beim Shoppen nicht zurück halten können. Es gibt so viele kleine süße Geschäfte und Cafés, darunter viele Second Hand Geschäfte und vegane Lokale. Also genau unser Ding :-)) Auch das benachbarte Miraflores ist dafür bekannt modern, schick und hip zu sein, gilt aber auch gleichzeitig als das Gringoviertel, also das Ausländer-/Touriviertel, was man auch schnell zu spüren bekommt an der Art der Geschäfte und den ans uns vorbeiströmenden geführten Tourigruppen. Vor Lima wird im Lonely Planet etwas gewarnt, es sei nicht sehr sicher. Zumindest in den Vierteln, in denen wir uns aufgehalten haben, haben wir uns nie unsicher gefühlt, auch wenn wir mit den Collectivos - eine Art Sammeltaxi - quer durch die Stadt gefahren sind.
Die wirklich großen Städte gefallen uns hier irgendwie nicht allzu sehr, deswegen geht es schnell weiter zur nächsten Wandertour zur Laguna 69, einer türkisfarbenen Lagune auf 4600m Höhe umgeben von 6000ern. Wir sind schon sehr gespannt.


Huaraz



3/6/17

Die Laguna 69 in der Cordillera Blanca

Vieles auf der Reise ist wenig oder eher gar nicht geplant, aber von der Laguna 69 hatte ich (Sylvia) vorher gehört und wollte sie unbedingt sehen. Ich hatte schon fast Angst, dass ich zu hohe Erwartungen haben würde, aber sie sollten noch übertroffen werden.
Wiedermal sehr früh morgens nahmen wir von Huaraz aus einen Bus zum Startpunkt der Wanderung. Schon der ganze Weg nach oben war so unbeschreiblich schön an Bächen, Kühen und anderen kleinen Seen vorbei. Wir wanderten bis auf 4600m Höhe, sodass gerade das letzte Stück wirklich viel anstrengender war als es eigentlich im Flachland wäre, weil man einfach nicht mehr soviel Luft bekommt. Als dann das türkisfarbene Wasser in Sicht war, stieg die Motivation für den Endspurt deutlich. An der Laguna angekommen, konnte man die schneebedeckten umliegenden 6000er bestaunen. Trotz der Kälte konnte Nils sich nicht zurückhalten und ging spontan in seiner Unterhose schwimmen. Kurz vorher ist ein Mädchen baden gegangen, um seine Ehre nicht zu ruinieren, musste er ja quasi....


Chachapoyas



5/6/17

Mit zwei Nachtbussen á 8 und 14 Stunden fahren wir in die Hauptstadt des Amazonas, Chachapoyas, die noch gar nicht soviel mit dem "wirklichen" Amazonas zu tun hat. Zwischenhalt in Trujillo, wir geben das Gepäck am Busbahnhof ab, decken uns mit Obst und Brot und Avocados ein, um den Tag am Strand des benachbarten Huanchacos mit faulem Rumdösen, Baden, Essen und Lesen zu verbringen, bevor wir dann wieder ewig im Bus sitzen.
Der Taxifahrer, den wir vor dem Markt erwischen, ist ein Wirtschaftsgeschichtsprofessor in Rente, der einige Jahre in Moskau lehrte, nutzt die halbe Stunde, um uns über Marx und Engels zu belehren. Auf Spanisch ist es gar nicht so leicht gegen seine sehr kommunistischen Ansichten zu argumentieren, daher lassen wir uns höflich berieseln. Zurück nehmen wir lieber mehrere Collectivos, man muss sich nur an die richtigen Straßen stellen und zur rechten Zeit wieder abspringen.
Im sehr überschaulichen 'Chacha' bleiben wir ein paar Tage. Wir lassen uns von einem Collectivo, dessen Fahrer sich direkt nach Ankunft erstmal ein ziemlich großes Glas Schnaps gönnte, bevor er sich wieder auf den Rückweg machte, ins nächste Dorf bringen, um den riesigen Canyon del Sonche zu besichtigen und wandern gemütlich zurück.
Außerdem wollen wir uns Kuélap anschauen, präkolumbische Ruinen von dem Andenvolk der Chachapoya. Die günstigste Variante dorthin zu kommen, ist sich einer Tour anzuschließen, die sich leider als eine wirkliche Rentnertour entpuppte, sodass wir nicht in unserem Tempo zu den Ruinen emporsteigen durften ("you must stay with the group!", ermahnte uns der Guide), die natürlich wieder auf einem hohen Berg errichtet worden waren. Alle drei Stufen musste man auf die schnaufenden und wirklich erschreckend unfitten Peruaner warten. Doch egal wie unfit, ob jung oder alt, dick oder dünn, schön oder hässlich, vor jedem einzelnen Stein - davon gibt es bei Ruinen viele - muss für ein Foto geposed werden. Was das Tempo natürlich auch nicht erhöht, dafür haben wir die amüsantesten Posen kennengelernt.
Enttäuscht von der Tour entschieden wir uns am nächsten Tag auf eigene Faust den Gocta-Wasserfall zu besuchen. Die insgesamt 15km lange Wanderung zum Wasserfall durch dschungelartige Berge (mal wieder nur auf und ab - unsere Waden sind seit Peru wirklich muskulös geworden :D ) war schon allein den Ausflug wert. Der Gocta-Wasserfall beeindruckt mit 700m Tiefe und ist der 5. größte der Welt. Obwohl der Tag sehr heiß war, kann man sich dem Wasserfall nur mit ausreichend Regenschutz nähern. Achtung Rutschgefahr! Sylvia hat sich direkt mal lang gemacht.


Amazonas



10/6/17

Achtung, es folgt ein sehr langer Artikel! Wir haben vieeeele Eindrücke gesammelt und hatten viel Zeit zum Nachdenken.

Um Peru wirklich mit all seinen Gegensätzen kennen zu lernen, wollen wir unbedingt auch einen Abstecher in das Amazonasbecken machen. Etwas leichter gesagt als getan. Hierher verirren sich immer weniger Touristen, weil der Umweg, wenn man nicht genug Zeit mitbringt, einfach zu weit ist. Umso komplizierter ist es, Verbindungen und Abfahrtszeiten in Erfahrung zu bringen. Dafür trifft man hier fast nur Touristen, die wie wir, mehrere Monate unterwegs sind, und die Geschichten und Erfahrungen der anderen werden immer spannender.
Von unserem letzten Stop aus in 'Chacha' nehmen wir einen Minibus nach Tarapotas und von dort aus einen weiteren Bus nach Yurimaguas, der Hafenstadt, wo alles losgehen soll. Wir sind froh, die Strecke an einem Tag geschafft zu haben. Gelingt nicht immer. Sei es wegen der Straßenverhältnisse, oder weil der Busfahrer zu viele Kurierdienste in abgelegene Dörfer vornimmt, oder der Regen zu stark ist, etc.

Am Hafen von Yurimaguas

In Yurimaguas angekommen, rissen etliche Mototaxifahrer noch teilweise im Fahren die Schiebefenster des Buses von außen auf, streckten ihre Arme in den Bus und boten ihre Fahrdienste an. Leicht überrümpelt entscheiden wir uns tatsächlich für das nächstbeste Mototaxi, weil wir immer noch keine Ahnung von den Abfahrtszeiten hatten und hofften, dass der örtliche Mototaxifahrer über alles Bescheid weiß. Wusste er zum Glück auch. Wenn man gar nicht weiter weiß, ist ein Mototaxi häufig eine gute Idee. Für umgerechnet 3 Euro fuhr er uns eine Stunde lang durch die Stadt und zeigte uns, wo wir was am besten erledigen konnten und transportierte nicht nur uns, sondern auch das ganze Gepäck, welches von Stop zu Stop mehr wurde. Denn wir hatten eine Mitfahrt auf einem Frachtschiff vor uns. Das will ein bisschen vorbereitet sein. Also fuhren wir zu mehreren Banken, um genug Bargeld für 10 Tage im Amazonas abzuheben, zu einem Haushaltsgeschäft, um Hängematten, Tupperdosen und Becher zu kaufen, und zu verschiedenen Lebensmittelgeschäften und Marktständen, um uns mit Früchten und vor allem viel Trinkwasser einzudecken. Schließlich brachte er uns sogar zu der Fähre, die direkt am nächsten Morgen ablegte, befestigte sehr fachmännisch unsere Hängematten an Bord und verhandelte mit dem Kapitän unsere Mitfahrt aus. Es existieren zwar offiziell Abfahrtszeiten, aber eine Fähre fährt erst los, wenn sie voll beladen ist, d.h. die Abfahrt kann sich schon mal um ein paar Tage nach hinten verschieben. Unser Fähre fuhr zum Glück am nächsten Morgen und wir mussten nur eine Nacht im Hafen verbringen. Morgens konnten wir das Boot nochmal verlassen, Frühstück organisieren und erste Eindrücke im Hellen sammeln. Von Saft über Fisch, Reis, Kaffee in Regentonnen bis hin zu Bier und vielen betrunkenen und zwielichtigen Gestalten war alles vertreten.

24h auf einem Frachtschiff

Eine Frachtschifffahrt auf dem Amazonas ist schwer zu beschreiben. Die Fracht wird nicht maschinell beladen, sondern getragen. Sie besteht aus vielen Lebensmitteln, da die abgelegenen Dörfer am Amazonas versorgt werden müssen, Mototaxis, und extrem vielen lebenden Hühnern, die in viel zu kleinen Käfigen auf dem obersten Deck dem Regen ausgesetzt wurden. Man hört sie während der ganzen Fahrt quietschen. Im Laufe der Zeit wird es ruhiger, weil welche zur Boardverpflegung geschlachtet werden. Unsere Veganerherzen bluteten... Ein oder zwei Decks werden für Passagiere freigehalten. Das sind hauptsächlich Peruaner, die Einkäufe und Arztbesuche in Yurimaguas erledigt haben und in unserem Fall zwei weitere Neuköllner, mit denen wir später zusammen eine Dschungeltour machten. Auch hier gilt, die Fähre fährt erst los, wenn sie voll ist. Wenn also zwischen dir und deinem Nachbarn 10cm Luft sind und du deine Hängematte noch schaukeln kannst, ist die Fähre nicht voll. Die Fahrt an sich ist sehr gemütlich, man chillt in der Hängematte, genießt die Aussicht auf den Amazonas und kommt nach und nach mit neugierigen Peruanern ins Gespräch. Auch wenn unser Spanisch noch sehr basic ist, klappts irgendwie trotzdem meistens mit der Konversation. Mit Englisch muss man es jedoch häufig gar nicht erst versuchen ... Gegen 13 Uhr schlägt der Kapitän mehrmals mit seinem Kochlöffel gegen Stahl, es gibt Mittagessen! Wer sich mit seiner Tupperbox brav anstellt, bekommt eine Kelle Reis, eine Kochbanane und ein Curry aus Yuka und Hühnchen. Das Hühnchen schenken wir unseren Hängemattennachbarn und freuen uns über den Rest. Was uns hier gar nicht gefällt und was uns zugegeben schwer fiel, nicht komplett zu verurteilen, ist der Umgang mit Müll. Egal welche Art von Müll, alles wird in den Fluss geschmissen. Seien es die Kochabfälle aus der Küche oder eben die tausend Plastikverpackungen. Alles schwimmt munter im doch eigentlich wunderschönen, schützenswerten Amazonas. Zur Verteidigung der Bewohner muss man jedoch einwerfen, dass sie es wahrscheinlich nicht besser wissen und sie vermutlich keine andere Möglichkeit der Müllentsorgung haben.
Nach einer Nacht und einem Tag auf der Fähre erreichen wir Lagunas. Wer es eiliger hat, fährt direkt weiter nach Iquitos, um von dort aus eine Dschungeltour zu machen. Da wir es nicht eilig haben, und keine Tour in Iquitos fanden, die wir uns leisten oder mit unserem Gewissen vereinbaren konnten, entschieden wir uns für die komplizierte Variante und somit für das Naturschutzgebiet in Lagunas, in dem Rancher die Tiere und die Natur vor Wilderern schützen. In Cusco hatten wir Voluntäre kennen gelernt, die in einer Tierschutzfarm im Amazonas arbeiten und berichteten, dass in Iquitos seltene Tiere eingesperrt und zu bestimmten Uhrzeiten frei gelassen würden, damit Touristen den Eindruck bekämen, sie hätten sie in freier Wildbahn gesehen. Die beiden empfiehlen uns auch Lagunas. Der Hafen in Lagunas stellt eine verschlammte, kleinere Version des Hafens in Yourimaguas dar. Wir kommen abends im strömenden Regen an und sind glücklich über einen der wenigen Mototaxifahrer, der uns trotz des Wetters abholt.

Unser Dschungelerlebnis

Marita, die Agenturchefin und Schwester von Arkio, brachte uns zum Hostel und kümmerte sich auch um ein Frühstück für den nächsten Tag. Die Tour sollte eigentlich um 9 losgehen, 2 Stunden später war es dann endlich so weit. Im Amazonas ticken die Uhren etwas langsamer. Der Mototaxifahrer verspätete sich, der uns zum Nationalparkeingang bringen sollte. In der Zwischenzeit zeigte uns Arkio Lagunas und erklärte uns, was das Dorf zur Zeit beschäftigt. Durch die schlechte Anbindung und den vielen Regen, gibt es wenige Jobs und Landwirtschaft ist nur begrenzt möglich. Lagunas ist eins der ärmsten Dörfer auf dieser Reise und wirkt irgendwie noch trister und nicht so lebensfroh wie andere arme Dörfer, die wir in Asien kennen lernten. Die Stimmung ist zum Teil fast bedrückend. Auf den sonst so prunkvollen Hauptplätzen, ist hier eine Suppenküche für Arme eingerichtet wurden. Von den 10 Tsd. Einwohnern haben 1,5 Tsd. keine Arbeit und die, die eine haben, haben trotzdem kaum Geld. Die Regierung, die den Anschein erweckt, als hätte sie die abgelegenen Amazonasdörfer vergessen, versprach Lagunas eine Hilfe von mehreren Millionen Soles. Laut Regierung und den Berichten der Guides (wir übernehmen keine Haftung für den Wahrheitsgehalt) wurde das Geld einer Frau anvertraut, die es überbringen sollte. Die Frau verschwand und mit ihr das Geld. Das Dorf reagierte darauf mit einem einwöchigen Streik und ließ keine Fähren oder Schnellboote nach Iquitos weiterfahren. Wie auch schon bei unseren letzten Reisen in Asien regten uns die Eindrücke und auch die Einfachheit, wie wir später auf der Tour lebten (in Holzhütten schlafen, natürliche Sachen essen, kein Strom und sanitäre Einrichtungen) dazu an, den westlichen Konsum in Frage zu stellen und neu zu definieren, was im Leben wichtig ist und was man wirklich "braucht". Redet man sich doch gerne ein, man "braucht" bestimmte Gegenstände, macht es umso freier zu realisieren, dass man die meisten eben nicht braucht, um glücklich zu sein. Außerdem lernen wir mal wieder zu schätzen, wie gut es uns geht und welche Möglichkeiten wir haben. Unsere Erlebnisse und Erfahrungen, die wir gerade sammeln, sind es, die uns reich machen. Da kann kein Auto oder teures Smartphone mithalten.

So, jetzt geht's endlich los mit der Dschungeltour, versprochen!

Zusammengefasst war es eine der aufregendsten und spannendsten Erfahrungen bisher, gleichzeitig war es tiefen entspannt und schön so nah mit der Natur und ihrer Geräuschkulisse im Einklang zu leben.
Wir waren drei Tage lang mit einem Einbaum-Kanu unterwegs. Haben in einer Holzhütte auf einem Steg geschlafen. Waren mit Piranhas schwimmen, die nur gefährlich sind, wenn man blutet. Ernährt haben wir uns von frisch gefischten Piranhas und frittierten Bananen. Auch zum Frühstück. Sehr viel mehr Auswahl gab es nicht. Die Nudeln waren nach der ersten Mahlzeit leer. Wir haben ganz viele Tiere gesehen: Affen, Papageien, Schildkröten, Flussdelphine, Faultiere, eine Schlange und sämtliche Krabbeltiere außer Vogelspinnen - zum Glück. Zum Kochen, Waschen, Spülen, Duschen, Klospülen und teilweise auch Trinken wurde das Flusswasser benutzt.
Da es kein Benzin für den Stromgenerator gab, aßen wir im Kerzenschein und verbrachten die Abende mit den anderen beim Karten spielen und Reisegeschichten austauschen. Die Guides waren unter sich abends. Wir konnten ihr schnalzendes Amazonasspanisch, das sie untereinander sprachen, leider überhaupt nicht verstehen.
Für uns relativ neugierigen, actionsuchenden Menschen war es anfangs etwas ungewohnt, stundenlang still im Kanu zu sitzen, auf Tiergeräusche zu hören und die Tiere daraufhin zu beobachten. Wenn man sich darauf aber erstmal einlässt, ist es eine wirklich entspannende Erfahrung.

Anleitung, wie man Sylvi und Nils foltern kann

1. Man nehme ein paar Bettwanzen und verteile sie großzügig in Sylvis Hängematte noch vor der ersten Schiffsfahrt
2. Man lässt Sylvi eine Nacht darin schlafen bis sie schön zerbissen am nächsten Morgen aufwacht
3. Man lässt sie auch den nächsten Tag auf der Matte liegen, weil es keinen anderen Platz gibt. Diesmal in dem Wissen, dass was mit der Matte nicht stimmt. (Dachte erst, es wäre eine Allergie und haben erst später gemerkt, dass es Wanzen sind)
Bisher wurde nur ich gequält. Ich duschte mich, zog mir was frisches an, fuhr in den Dschungel, alles war gut für 3 Tage. Die Wanzen waren bisher nur in der Hängematte. Die habe ich luftdicht verpackt. Ich beruhigte mich wieder.
4. Man lässt Sylvi und Nils nach der Tour ein Hostel suchen. Wartet bis wieder Tierchen aus Sylvias Sachen krabbeln und sie Nils in den Wahnsinn treibt, der bislang noch völlig gelassen bleibt.
5. Man wartet noch 10 min länger bis kleine Wanzen aus Nils Sachen krabbeln, der noch so tut, als wäre er gelassen.
6. Nach 20 min sieht man einen panischen Nils schwitzend durch den Raum laufen auf nicht endend wollender Wanzenjagd.
7. Man sorgt dafür, dass die Quelle der Wanzen nicht nur die eigenen Rucksäcke sind, sondern auch das Zimmer voller wanzenähnlicher Tiere ist, die sich im Gegensatz zu Wanzen von Licht anziehen lassen und fliegen können. Sie sind überall!
8. Man schickt Nils zu Rezeption, um sich zu beschweren und nach einem neuen Zimmer zu fragen.
9. Man wartet bis Nils noch nass geschwitzter mit hysterischer, gestresster Stimme (So habe ich ihn noch nie erlebt. Er ist sonst der, der in wirklich jeder Situation ein paar beruhigende Worte für mich übrig hat. Da müssen wir erst in den Amazonas fahren, damit Nils mal aus der Reserve gelockt wird.) wiederkommt und durch den Raum ruft: Sylvia, komm' mit, im Büro sind die Tiere auch überall! Sie sind üüberall! Es gibt eine Plage im Dorf!
10. Man lässt die beiden das Zimmer wechseln. Vorher sorgt man dafür, dass auch hier die Tiere verteilt wurden.
11. Man lässt die beiden das Hostel wechseln und lässt einen verärgerten Hostelbesitzer zurück.
12. Im neuen Hostel sorgt man dafür, dass dieses die typischen kleinen schwarzen Flecke auf dem Bett hat, nach denen wir auf Reisen Matratzen vor Zimmerbezug immer kurz absuchen.
13. Man lässt sie wieder das Zimmer wechseln.
Endlich ein sicheres Zimmer ...
14. Man lässt sie all ihre Sachen durchsuchen und ausschütteln und danach völlig erschöpft ins Bett fallen.
15. Man lässt Sylvi am nächsten Morgen zerstochen aufwachen.
Wahrscheinlich von ihren eigenen Wanzen.
16. Man lässt die beiden am nächsten Morgen ins nächste Schnellboot springen, um so schnell wie möglich nach Iquitos zu kommen, die nächste zivilisierte Stadt, in der sie hoffentlich entweder eine Gefriertruhe oder eine Möglichkeit finden, die Wäsche zu kochen (denn Heißwaschen ist hier nicht so verbreitet), um ihre Folter zu beenden.
Im Nachhinein können wir selbst darüber lachen, aber Wanzen sind echt mies und ihre Bisse jucken bis zum Himmel und zurück! Mein Körper sieht immer noch geschändigt aus... Erfahrungen dieser Art gehören leider auch dazu. Bei mir krabbelt und juckt schon wieder alles nur bei dem Gedanken daran. Nils hat komischerweise keine Biss- oder Stichwunden. Wir vermuten, dass die Wanzen nur in der Hängematte waren und in Lagunas keine Wanzen, sondern andere Insekten waren, die auch stechen, aber sich nicht so hartnäckig in Textilien setzen. Laut den Einheimischen heißen sie 'grillos'. Die einzige Übersetzung, die wir auf die Schnelle fanden, war 'Bügeleisen'. Chinches, also Bettwanzen, kannten sie aber nicht..


Iquitos



14/6/17

Das Schnellboot brachte uns leider nicht so schnell wie erhofft nach Iquitos. Insgesamt waren wir 14 Stunden unterwegs. In Iquitos fanden wir so spät abends dann nur noch ein ziemlich abgeranztes Hostel, aber was solls. Nils hatte Kopfschmerzen und musste sich mehrmals in der Nacht übergeben. Am nächsten Tag suchten wir eine Wäscherei auf und ließen alles waschen, was irgendwie mit den Wanzen in Kontakt hätte kommen können. Man versprach uns, dass die Wäsche gekocht wird und kannte das Wanzenproblem von Dschungelrückkehrern. So weit, so gut.
In Iquitos verspürten wir das erste Mal das Gefühl in Peru, einen Kulturschock zu erleben. Die Stadt ist mit ihren 400.000 Einwohnern die größte Stadt der Welt, die man nur per Boot oder Flugzeug erreichen kann. Neben den Einheimischen laufen hier eine Menge skurriler Personen rum, die hier anscheinend im Dschungel ihre Nische gefunden haben. Damit sind unter anderen Westler gemeint, die hier seit ein paar Jahren hängen geblieben sind. Nach Iquitos kommen außerdem viele Touristen, um an einem Ayahuasca-Retreat teilzunehmen. Ayahuasca ist ein halluzinogener Pflanzensud aus Lianen und Kaffeesträuchern, den man in Anwesenheit eines Schamanen zu sich nimmt, in der Hoffnung, Visionen zu sehen und den Körper zu reinigen. Während einer Zeremonie übergibt man sich mehrmals. Daher laufen hier eine Menge Hippies, Naturheilkundler und Drogenjunkies auf der Suche nach einer neuen, andersartigen Erfahrung rum. Iquitos selbst hat außer einer relativ netten Flusspromenade erstmal nicht viel zu bieten. Außerdem regnet es ständig, dadurch ist alles verschlammt und der Müll, der regelmäßig in den Amazonas gekippt wird, wird wieder an Land gespült. Es stinkt! Aus einer Mischung aus Langeweile und Neugier lassen wir uns von einem Mototaxi zum Markt im Armenviertel Belén bringen, der für seine Kuriositäten bekannt ist. Belén ist eine schwimmende Barackenstadt, dessen Hütten mit dem Wasserpegel des Amazonas steigen und sinken. Was wir dann zu sehen bekommen, hätten wir uns lieber erspart. Ich hätte mich fast mitten auf dem Markt übergeben. Komplette Reizüberflutung und ich kam mit dem Gestank einfach nicht klar. Zu kaufen gab es sämtliche Kräutermischungen und Getränke von Schamanen, Tierblut in Flaschen, aufgeschlitzte Schildkröten, Beutelratten, Krokodile, Affen, Ziegenbeine und andere Tiere, die eigentlich vom Aussterben bedroht sind. Wir verließen den Markt relativ schnell wieder, ließen uns in ein sauberes, wohlriechendes, westliches Lokal bringen, tranken Kaffee und versuchten zu verdrängen, was wir gesehen hatten.
Den restlichen Tag verbrachten wir im Hostel.
Irgendwie war das Markterlebnis Auslöser dafür, über die Reise nachzudenken. Zum ersten Mal dachten wir wirklich darüber nach, was es heißt auf einer langen Reise zu sein. Neben den ganzen positiven Erfahrungen, kann sie nämlich auch manchmal anstrengend sein. Natürlich nicht im Sinne von, ich habe 10 Stunden gearbeitet oder gelernt und bin müde, eher im Sinne von Unsicherheiten, fremde Umgebungen, sich immer wieder auf etwas komplett Neues einlassen, Reizüberflutungen, unbekanntes Essen etc. Die Reiseorganisation nimmt relativ viel Zeit in Anspruch und das alles auf Spanisch. Man verlässt seine heimische Komfortzone. Und zwischendurch wird man auch mal von Heimweh aufgesucht, dann vermissen wir unsere Familien, Freunde und unser Leben in Berlin. Wir wollen uns wirklich nicht beschweren, es geht uns sehr gut. Aber an manchen Tagen, wenn der Körper von Wanzen befallen ist und man den Geruch von Tierkadavern nicht los wird, denkt man auch mal darüber nach, dass eine Reise nicht immer ein Urlaub ist und auch negative Seiten haben kann. Wir beide haben unsere Nebenjobs dabei und freuen uns tatsächlich auf die nächste Arbeitsphase, die nächste Woche beginnt. Zwischendurch tut es gut, einen Alltag zu haben und sich in einer Stadt länger aufzuhalten.
Auf der Reise sind wir vielen begegnet, die schon mehrere Monate reisen und mittlerweile reisemüde geworden sind. Sie berichten davon, dass ihnen die Begeisterung für Neues verloren gegangen ist. Auch deswegen freuen wir uns auf die Arbeitsphase, damit genau das bei uns nicht eintritt und wir unsere Entdeckungslust beibehalten. Außerdem glauben wir, dass es wichtig ist, eine abwechslungsreiche Route zu haben. In Peru z.B. haben wir uns komplett verliebt, weil es einfach so viele unterschiedliche Dinge zu entdecken gab und uns die unterschiedlichen Kulturen fasziniert haben. Die ständige Panflöten-Hintergrundmusik, die Avocados und Fruchtshakes überall und natürlich die Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit der Peruaner. Dennoch können wir es mittlerweile kaum erwarten, in ein paar Tagen in Kolumbien zu sein. Wir sind erstmal genug gewandert, wir haben keine Lust mehr auf Winter und vor allem können wir das Essen nicht mehr sehen. Die Auswahl des sowieso schon eintönigen Essens, reduziert sich für uns natürlich zusätzlich und so haben wir vorerst genug von fader Quinoasuppe und Reis.
Um unser Gefühlschaos zu beenden, mischten wir uns abends unter die Verrückten der Stadt und gingen in die Bar, die für die größten Cocktails bekannt war. Wir betranken uns und kamen mit einem verkleideten Spiderman ins Gespräch. Es half, am nächsten Morgen ging's uns erstmal wieder gut. Den Kulturschock etwas überwunden, gaben wir Iquitos eine neue Chance. Die vielen bunten, alten Kolonialbauten und eben auch ihre verrückten Bewohner machen sie auf ihre Art und Weise doch schon irgendwie interessant.

Ausreise aus Peru

Die Ausreise aus Peru erfolgte auf dem Wasserweg. Wie sollte es auch anders sein im Amazonas? Erneut begaben wir uns in Iquitos auf ein Frachtschiff und fuhren 2 Nächte und einen Tag bis Santa Rosa. Das Frachtschiff war diesmal etwas größer und komfortabler ausgestattet als das erste und nicht so überfüllt, außerdem kauften wir eine neue Hängematte, sodass eine erneute Wanzenplage ausblieb. Ingesamt verlief die Fahrt total entspannt. Ein sehr guter Abschluss der Peru-Zeit. An Bord verschenkten wir bei jeder Mahlzeit wieder unser Fleisch, was unsere Hängemattennachbarin dazu verleitete, uns für religiöse Missionare zu halten. Das Missverständnis konnte glücklicherweise aufgeklärt werden und so kamen wir immer mehr mit ihr und ihrer kleinen Tochter ins Gespräch. Dilema war schätzungsweise Ende 30 und verließ Iquitos zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie wusste nicht, wie lange die Fähre brauchte, dass man einen Reisepass braucht, um ins Ausland zu reisen, fragte sich, welche Sprache wir denn da untereinander sprechen und war erstaunt, dass man mit Handys Fotos machen kann. So lebt eben jeder in seiner Welt....
Da es im Dreiländereck von Peru, Kolumbien und Brasilien im Amazonas keinen richtigen Grenzübergang gibt, muss man sich selbst um einen Ausreisestempel bei der örtlichen Polizeistation kümmern. Als wir um kurz nach 8 an der Tür klingelten (Öffnungszeit sollte ab 8 sein), öffnete uns 10 min später ein junger Mann in Shorts und Unterhemd und erklärte uns in diesem Outfit könne er unmöglich einen so offiziellen Stempel vergeben, wir sollten doch in 30 min wieder kommen. Wir wurden etwas ungeduldig, da wir möglichst einen Flieger in Leticia um 10 bekommen wollten. Aber wir hatten keine Wahl. 30 min später öffnete der gleiche Herr in der gleichen Shorts, diesmal in einem Adidas Shirt die Tür und gab uns den Stempel. Etwas gehetzt eilten wir zum nächsten Taxi-Boot, das uns einmal quer über den Amazonas nach Leticia in Kolumbien bringen sollte. In Leticia angekommen, wechselten wir schnell unsere letzten peruanischen Soles in kolumbianische Pesos, um ein Mototaxi zum Flughafen zu nehmen. Die Mototaxis sahen lustigerweise komplett anders aus als die auf der 10 min entfernten anderen Flussseite. Tja, neues Land, neue Mototaxis, neue Währung, neues Umrechnen, neue Sitten, neues Klima,... Der Mototaxi-Fahrer hatte leider eine abgelaufene Lizenz und kam nicht aufs Flughafengelände, sodass wir die letzten 200m zum Flughafen rannten. Jetzt nur noch schnell die Flugtickets kaufen, den Einreisestempel abholen und schon saßen wir im Flieger auf dem Weg nach Medellin mit Zwischenstopp in Bogota. Adios, Peru, du wunderschönes Land!


Kolumbien


Medellín



18/6/17

Die Stadt, die wir brauchten

Man muss sich vorstellen, wir kamen leicht geschädigt aus dem schlammigen Amazonas und sahen mehrere Tage keine Dusche von innen. Man roch uns wahrscheinlich 10m gegen den Wind. Unsere Erwartungen an Kolumbien waren, dass es etwas bunter, lebendiger und noch musikalischer als Peru wäre, aber im Prinzip ähnlich. Von wegen! Als wir in Bogota 4 Stunden Aufenthalt an diesem hypermodernen Flughafen hatten, in dem nur schick gekleidete Menschen herumeilten, kamen wir uns schon etwas dreckig vor. In Medellín sollte der Eindruck sich noch vertiefen. Im Gegensatz zum Norden Perus, fanden wir überall geteerte Straßen, viel weniger baufällige Häuser, ein modernes Zentrum, staaliche Taxis mit Taximeter, viele junge Menschen in Bars und Restaurants, große, sportliche Autos, Supermärkte, in denen man wirklich ALLES kaufen konnte, und alles andere vor, was uns vermuten ließ, wie seien nicht in Kolumbien, sondern den USA gelandet. Was wir eventuell zu einem anderen Zeitpunkt verurteilt hätten, war nach unseren Hängertagen das, was wir brauchten. Medellín hat uns wieder hochgezogen. Die Stadt wirkte so lebensfroh, bunt, voller Blumen und Parks, schönen, kleinen Kirchen und beherbergte sogar ein Metrosystem, um ihre 3 Mio Einwohner von A nach B zu bringen. Wir ließen uns 2 Tage lang durch die Stadt treiben, aßen gutes veganes Essen in hippen Lokalen und vor allem trafen wir Lea, eine Freundin aus Berlin. Wir besuchten zusammen mit ihr und ihrer Freundin den botanischen Garten, danach kochten wir gemeinsam und probierten den Ouzo ähnlichen typischen kolumbianischen Schnaps 'Aguardiente' auf unserer wunderschönen Dachterasse. Sogar der Taxifahrer war super gelaunt, er zwang Nils förmlich dazu, ihn beim Singen aufzunehmen. Eine weitere lustige Begnung hatten wir auf der Suche nach einem veganen Lokal im Zentrum. Das Lokal, das wir mal wieder auf Happy Cow vorher raussuchten, hatte geschlossen wegen Fronleichnam. Die Hare Krishna Mönche, die ihr Kloster im gleichen Haus hatten, sahen unsere enttäuschten Gesichter und luden uns prompt zu sich zum Essen ein.

Auf in die Karibik!

Von Medellin nehmen wir einen Nachtbus nach Santa Marta an die Küste. Wir wollen endlich Sommer und an den Strand. Was gibt es da besseres als die Karibikküste? Da wir die Bustickets zu spontan buchten, wurden uns die letzten Sitzplätze in der letzten Reihe zugeteilt. Der Busfahrer raste durchs Gebirge - Kurven, Schlaglöcher und andere Straßenunebenheiten ignorierend, was in der letzten Reihe dazuführt, dass die Fahrgäste teilweise regelrecht in die Luft geschleudert werden. Und nicht jede ihr Abendessen bei sich behalten kann ... 17 Stunden später mit komplett entleertem Magen und durchgeschleudert ohne Ende erreichen wir Santa Marta... Die Busfahrt war bisher die schlimmste und wird es hoffentlich bleiben...
Santa Marta ist kein besonderes, aber dafür ein ganz nettes Städtchen. Wir wollten Wärme und bekamen Hitze :D Echt ko von der Busfahrt erledigten wir nur das nötigste und verbrachten den restlichen Tag im Hostel - den Ventilator frontal auf uns gerichtet.


La Ciudad perdida



22/6/17

La Ciudad perdida - Die verlorene Stadt

Eigentlich wollten wir ja vorerst nicht mehr wandern, aber eine Tour hat uns doch zu sehr gereizt. Die Cuidad Perdida. Die vergessene Stadt im Dschungel erreicht man innerhalb einer 4-Tages-Wanderung. So sehen wir uns am nächsten Morgen zwischen unseren 12 Mitstreitern im Agenturbüro des Anbieters. Mit einem Geländewagen werden wir zum Startpunkt gebracht. Da es am ersten Tag sehr stark regnete, bleiben wir beim Wandern mehrmals im Schlamm stecken und kommen komplett durchnässt im ersten Camp an.
Das Camp ist wie ein großer Schlafsaal mit Dach, aber quasi im Freien. Am zweiten Tag erwartet uns der anstrengenste Teil der Wanderung. Es geht sehr steil bergauf und die Sonne knallt. Zum Glück kann man in der Mittagspause und abends im Fluss baden. Auf der Strecke sehen wir Dörfer der dort lebenden indigenen Bevölkerung und lernen einiges über die Traditionen des Wiwa- Stamms. Am dritten Tag ist es soweit: wir erreichen die Ciudad Perdida! Versteckt auf einem Berg im Dschungel wirkt sie unerwartet groß. Wir sind mal wieder total beeindruckt, wie man hier unter diesen Umständen so weit ab vom Schuss eine derartige Stadt errichten konnte. Zu sehen sind die Steinterassen, auf denen die Häuser früher standen. Außerdem treffen wir auf ein Archäologenteam, das uns ihre Arbeit erklärt und berichtet, was sie schon alles herausgefunden haben. Die präkolumbische Hochkultur der Tayrona besiedelte den ganzen Dschungel mit vielen Dörfern und Städten und den Dschungel gab es in der Form wie er heute zu sehen ist nicht, da sie die umliegenden Hänge für Landwirtschaft nutzten.
Der letzte Tag wird nochmal richtig anstrengend, weil die letzten 18 km an einem halben Tag zurück gelegt werden müssen. Insgesamt sind wir ca. 50 km gewandert, fast immer bergauf oder bergab, mal durch Schlamm, mal durch Flüsse. Dabei war der ganze Weg mindestens genauso beeindruckend wie die Ciudad Perdida selbst. Wir haben nochmal eine komplett neue Natur kennen gelernt, obwohl wir dachten, dass wir den Dschungel mittlerweile schon kennen. Durch den ständigen Regen, der leider alles verschlammt, entstehen wiederum die schönsten Grüntöne, die man sich vorstellen kann. Die Tour war bisher mit Abstand die luxuriöseste. Jede Gruppe hatte einen Guide, einen Übersetzer und einen Koch, der mit Packeseln und Pferden das Essen von Camp zu Camp transportierte. Wir wurden dreimal am Tag vegan bekocht, in den Pausen gab's Melonen und Ananas und einmal nach dem anstrengenden zweiten Tag sogar riesige Portionen Popcorn. Es war auch die teuerste Tour bis jetzt, aber im Nachhinein können wir sagen, dass sich jeder Cent gelohnt hat :-) Eine Plage gab es dann natürlich aber doch: Mücken! Egal, wie stark das Mückenspray auch war, alle kamen mit komplett zerstochen Beinen aus dem Dschungel wieder.
Am Abend treffen wir uns noch einmal mit der ganzen Truppe auf ein letztes Dinner in Santa Marta, um den Erfolg der geschafften Wanderung zu feiern! Es gibt Burger, keiner kann mehr Reis sehen.

Die indigenen Völker der Sierra Nevada

Am Abend des dritten Tages besucht uns ein Stammesführer des WiWa-Stammes im Camp und erzählt uns eigenes von seiner Kultur. Die indigenen Völker leben abgeschieden von jeglicher Zivilisation, nur ein paar wenige ausgewählte Stammesführer werden zum Spanisch- und Jura-Studium nach Santa Marta gesandt, um gegenüber der Regierung ihre Interessen vertreten zu können. Sie bezeichnen sich selbst als die älteren Brüder, da sie gegenüber uns, ihren jüngeren Brüdern, mystisches Wissen besitzen. Ihre Lebensaufgabe ist es, die Natur im Gleichgewicht zu halten. Naturkatastrophen sind daher ein Zeichen menschlichen Versagens, vor allem der westlichen Welt. Frauen symbolisieren die Erde, daher dürfen sie sich beim Sex nicht bewegen, sonst verursachen sie Erdbeben.
Wir sind sehr beeindruckt und auch erschrocken von der Weltansicht und dem Lebensstil der insgesamt 100.000 Indigenen, die verteilt im Dschungel der Sierra Nevada Region leben. Geschockt z.B. auch über ihre Haltung zu Frauen. Die WiWa-Frauen leben im Schnitt 10 Jahre kürzer als ihre Männer, weil ihre Arbeit sehr viel härter ist als die der Männer. Und weil ein Mann das Recht hat, seine Frau jährlich zu schwängern. Viele Frauen hoffen darauf, dass ihr Körper nach ein paar Jahren einfach keine Kinder mehr bekommen kann.


Santa Marta und Umgebung



26/6/17

Palomino

Um uns von den Strapazen zu entspannen, machen wir uns jetzt aber wirklich auf den Weg an den Strand! Wir fahren ins 2 Stunden entfernte Palomino. Einem sehr kleinen Ort direkt an einem sehr schönen Strand. Wir wurden gewarnt, aber wollten es nicht wahrhaben. Das Internet war leider viel zu schlecht, um zu arbeiten und so machen wir uns nach 2 Tagen schon wieder auf den Rückweg nach Santa Marta.

Santa Marta

In Santa Marta verbringen wir ein paar sehr normale Arbeitstage. Spätnachmittags erkunden wir die Stadt oder gehen nochmal schnell an den Standstrand, um uns von der ganzen Hitze im Meer zu erfrischen. In Santa Marta verstarb übrigens Simón Bolíviar, der Befreier vieler südamerikanischer Staaten von den Kolonialmächten.

Parque Tayrona

Am Wochenende verschlägt es uns in den Tayrona Nationalpark. Wir haben von seinen wunderschönen Stränden gehört und wollen uns natürlich selbst davon überzeugen! Wir wandern einen Tag von Strand zu Strand und schlafen nachmittags im Schatten erschöpft von der Hitze ein. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich glaube, so schöne Strände habe ich vorher noch nicht gesehen! Einfach traumhaft! Da uns der beliebteste Strand einfach zu überfüllt war von kolumbianischen Wochenendausflüglern (es war das dritte lange Wochenende in Folge seit wir in Kolumbien sind), entscheiden wir uns für die nächste Bucht, einem FKK-Strand. Wir entdeckten das Nacktbaden für uns. Wenn man niemanden kennt und man die Bucht eh fast für sich hat, ist das auch kein Problem. Zwei bekannte Gesichter treffen wir dann an diesem Tag doch noch. Die beiden Neuköllner, die wir im Amazonas im Dschungel kennenlernten, trafen wir bei der Ciudad Perdida kurz wieder und zum dritten Mal dann im Tayrona Park. Diesmal verabredeten wir uns gleich für Oktober zurück im Kiez.


Cartagena



2/7/17

Die Heldenhafte

Am Sonntag nehmen wir den Bus nach Cartagena, die angeblich schönste Stadt Kolumbiens, und von Simón Bolíviar wegen seiner tapferen Einwohner als "la Heroia" (=die Heldenhafte) getauft. Wir bleiben für ein paar Tage, arbeiten halbtags und erkunden in der anderen Tageshälfte die Stadt und den Strand und nehmen an einer Free Walking Tour teil. Es gibt so viele bunte Häuser und süße Gassen im Kolonialstil. Der Flair der Stadt ist wie in einem typischen Urlaubsort in Südeuropa nur ist alles bunter und die Musik lauter. Uns gefällt es hier sehr gut, häusermäßig ist es tatsächlich die schönste Stadt, aber dadurch ist es hier leider sehr touristisch.

¡Nos vemos Suramérica!

Trotzdem lassen wir uns von diesem Urlaubsortgefühl anstecken und sinnieren bei Sonnenuntergang mit Bierchen in der Hand mal wieder über unsere Reise. Wir merken, dass wir angekommen sind und dass uns das unglaublich glücklich macht. Wir sind so richtig im Reisemodus. Wir merken, dass wir mit unserem Geld und der Planung zurecht kommen. Und das Heimweh hält sich in Grenzen. Nicht, weil wir niemanden vermissen, sondern eher, weil wir merken, wie schnell die Zeit vergeht und dass es dann doch gar nicht mehr so lange dauert bis wir uns alle wiedersehen. Wir haben noch keine schlimmen Krankheiten bekommen und sind gesund durch den Dschungel gekommen. Wir sind immer noch total begeistert von jeder Kleinigkeit, die wir entdecken, und hoffen, dass das auch weiterhin so bleibt. Es macht immer noch Spaß zu arbeiten. Anscheinend brauchen wir manchmal dieses produktive Gefühl. Und es macht sehr viel Spaß, den Blog zu schreiben. Weil man so Erlebtes nochmal reflektiert und schon mal eine Fotoauswahl trifft und nicht zu Hause alle mit zig Fotos zu überfluten. Unser Reisestil hat sich etwas verändert. Während wir am Anfang noch mehr Gas gegeben haben, werden wir etwas langsamer und legen kürzere Distanzen zurück. Am Anfang konnten wir es einfach nicht abwarten, soviel wie möglich zu sehen und das war auch gut so. Jetzt verzichten wir auf manche Länder und bleiben dafür länger in ausgewählten. In Mittelamerika werden wir daher nur kurz in Panama und Costa Rica zwischenstoppen und dann die meiste Zeit in Nicaragua verbringen. Gerade sind wir im Landeanflug nach Panama City. Zwei Monate der Reise sind schon rum und damit auch der Südamerikaabschnitt. Wir sind ein bisschen wehmütig, aber auch voller Vorfreude auf Zentralamerika. Und gleich treffen wir sogar Philipp!
Wir haben nicht den Eindruck, Südamerika zu kennen, sondern nur einen ganz kleinen Teil. Es ist einfach sooo riesig! Aber wir sagen nicht Tschüss, sondern auf Wiedersehen! :-)
Kolumbien hat uns sehr gut verabschiedet mit seiner Lebensfreude, ultra lauter Musik überall und den wunderschönen, babyblauen und rosanen Sonnenuntergängen.

P.S.:

Es gibt eine sehr traurige Nachricht: Unsere uns sehr ans Herz gewachsene Polaroid-Kamera hat sich leider verabschiedet. Viele von euch müssten schon Postkarten erhalten haben, aber leider werden jetzt nicht mehr alle in den Genuss davon kommen.


Panama


Panama City



5/7/17

Oh wie schön ist Panama! (oder?)

Wir landen in Panama, eine Straße aus dem benachbarten Kolumbien gibt es nicht. Uns trifft fast der Schlag. Alles ist so modern, reich und sauber, ein Hochhaus ist höher als das andere und statt Blick aufs weite Meer findet man auf Stelzen gebaute Highways vor der Stadt. Die 700.000 Einwohner scheinen auf engstem Raum einfach in die Höhe zu wohnen, die Straßen sind verkehrsverstopft (vor allem morgens und abends) und auch die vor drei Jahren eröffnete Metro (leider nur eine Linie) kann das Problem nicht beheben. Der US-amerikanische Einfluss aufgrund des Baus des Panamakanals und einiger späterer militärischer Interventionen, ist deutlich spürbar. Fast jeder Einwohner hat Verwandte oder Bekannte in den USA, geshoppt wird in riesigen Malls und gezahlt (bis auf eine einzige Münze) in US-Dollar. Natürlich entspricht der erste Eindruck so nicht der Realität. Die Kehrseite ist, dass in den Slums von Panama City und auf dem Land ein Drittel der Bevölkerung in Armut lebt und ein Viertel sogar große Probleme hat, ihren täglichen Hunger zu stillen.
"Oh Bär", sagte der kleine Tiger, "ist das Leben nicht schrecklich schön?" "Ja", sagte der kleine Bär, "schrecklich und schön."

Philipp

Philipp wartet schon mit kaltem Bier im Hostel auf uns. Richtig cool, ihn wieder zu sehen, aber auch irgendwie echt schräg, dass er hier auf einmal vor uns steht. Er kam gestern mit dem Bus aus David im Norden Panamas, ist aber sonst fast nur mit dem Fahrrad in einem Monat aus Cancún in Mexiko hergefahren. Verrückt bei diesem heißen Klima! Wir gehen zu einem richtig guten vegetarischen Buffett um die Ecke (wie noch weitere 4 mal im Laufe der Tage), streunen durch die Stadt und das Altstadtviertel Casco Viejo. Nach 1,5 l Wein, mehreren Bieren, einer Cocktail Happy Hour und einer Späti-Mische aus weißem Rum und Ananassaft (trinkt man hier anscheinend so), waren noch immer nicht alle Geschichten ausgetauscht und wir wollten tanzen gehen. Merke: auch in Panama kommt man mit Flip-Flops nicht in Diskotheken! Auf einer Rooftop Party landen wir dann aber doch noch auf ein Bier. Der Abend endet bei Istanbul Kebap in der Nähe des Hostels. Fast wie in Berlin. Gut verkatert chillen wir am nächsten Morgen im Hostel. Philipp verschenkt sein Rad an den Jungen der Hostelbesitzerin, dem das Rad allerdings noch ein wenig zu groß ist, sodass er beim freudigen Üben auf der Terrasse einige Male im Blumenkübel landet. Dann muss Philipp leider zurück nach Europa fliegen.

Der Panamakanal

Wir bleiben noch und schauen uns den etwa 82km langen Panamakanal an. Der 1914 eröffnete Kanal ist eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt, da er Pazifik und Atlantik und damit Asien mit Europa, Afrika und Amerikas Ostküste verbindet. Über 25.000 Arbeiter ließen beim Bau ihr Leben, vor allem an Gelbfieber und Malaria. Wir besuchen das Miraflores Dock, das ein Besuchermuseum zur Geschichte des Kanals beherbergt, und sehen wie ein Containerschiff durch die Schleusen gezogen wird. Spannend und vor allem fasznierend, mit welchem technischen Geschick dieser gigantische Kanal gebaut wurde und das schon um 1900.


Costa Rica


Dominical



8/7/17

In Costa Rica waren wir genauso wie in Panama nur drei Tage. Wir wollen so schnell wie möglich nach Nicaragua, um dort die letzten vier Wochen zu verbringen bis wir nach Kuba und danach nach L.A. fliegen.
Von Panama City nehmen wir einen Nachtbus an die Grenze, von dort nach Neily, von wo aus ein Bus nach Dominical fährt. Da die Nachtbusfahrt mit ihren ständigen Zwischenstopps (bei denen man aus irgendwelchen Gründen immer aussteigen musste) alles andere als erholsam war und wir auch insgesamt fast einen Tag unterwegs waren, bleiben wir in Dominical, einem kleinen Ort am Strand, um uns ein wenig zu erholen. Wir verbringen die Tage am Strand und freuen uns über gepflückte und heruntergefallene Kokosnüsse. Einmal herausgefunden, wie man die Kokosnüsse auf einem Stein aufschlagen kann, tranken wir gleich sechs am Stück. In einem kleinen Lokal kommen wir mit einem älteren US-Amerikaner ins Gespräch. Nach ein paar Minuten stellt sich heraus, dass er eine Woche vorher Philipp im gleichen Lokal traf. Der Verrückte, der mit dem Fahrrad durch Mittelamerika fährt, ist ihm natürlich in Erinnerung geblieben.
Nach zwei Tagen wartet die nächste lange Busfahrt auf uns. Von Dominical fünf Stunden in die Hauptstadt nach San José, von dort aus weitere sechs Stunden an die Grenze, mit einem Taxi weiter nach Rivas, Nicaragua.
Da wir von Costa Rica nur einen Ort und eben das, was man aus dem Bus beobachten kann, gesehen haben, ist es schwer, wirklich zu sagen, wie es uns gefallen hat. Aber wir glauben, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben, nur durchzufahren. Wir heben uns das Land für später auf, wenn wir älter sind, mehr Geld verdienen und wir eventuell mal Lust auf höhere Standards haben. Costa Ricas Natur sieht wunderschön aus und auch die Menschen sind alle sehr warmherzig. Die Häuser und Straßen wirken sehr gepflegt im Vergleich zu den anderen Ländern. Leider sind die Einflüsse des Tourismus sehr stark zu merken. Obwohl Dominical schon als "verlassen" gilt, hatten wir den Eindruck, dass der Ort nur für Touristen existiert. Hauptsächlich US-Amerikaner trifft man hier an. Und einer der schönsten Nebelwälder wird im Lonely Planet als "crowd ehh clowd forest" beschrieben. Die Preise sind dementsprechend amerikanisch/europäisch. Jeder Neuankömmling ist erstmal schockiert, wie teuer es ist. Deswegen schlafen wir im Schlafsaal und freuen uns über die Hostelgemeinschaftsküche, die zu jeder Mahlzeit proppenvoll ist, weil keiner essen geht.


Nicaragua


Isla de Ometepe



11/7/17

Die Vulkaninsel

In Rivas spüren wir ein abgeranztes Hostel auf ohne Fenster und mit vielen Moskitos. Es war einfach zu spät und wir waren zu erschöpft, um wählerisch zu sein. Aber hey, wozu schleppen wir seit über 2 Monaten ein fast unbenutzes Moskitonetz mit uns rum. Und immerhin wars nah am Busbahnhof. Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg zur Isla de Ometepe. Die wundervolle Insel wurde durch zwei aus dem Nicaraguasee ragende Vulkane geformt und ist nur mit einer kleinen Fähre zu erreichen. Da es mehrere kleine Orte auf Ometepe gibt und wir noch nicht so recht wissen, wohin wir wollen, bleiben wir für die erste Nacht in Moyogalpa, der Stadt, in der die Fähre anlegt. Wir bekommen für 10 Dollar ein riesiges Doppelzimmer mit 2 Doppelbetten, einem privaten Bad und einem kleinen Garten. Was will man mehr? Sogar das WLAN war top. Im Garten strollten ein paar Schweinchen und Hühner umher und es gab eine Waschmaschine, die wir umsonst mitbenutzen durften - ein Handwaschstein. Obwohl Moyogalpa "nur" die Hafenstadt ist, von der aus man alles erreicht, hat sie uns schon komplett überzeugt mit ihren bunten Häusern und Plätzen und den vielen netten Menschen. Unser Zimmervermieter ist gleichzeitig Restaurantbesitzer und so war auch für unser kulinarisches Wohl gesorgt. Wenn man hier essen geht, bekommt man entweder Reis und Bohnen oder Bohnen und Reis. Entweder liegen die beiden Zutaten nebeneinander oder sie werden zusammen angebraten, dann heißt das Gericht Gallo Pinto. Zum Frühstück bekommt man noch eine frittierte Banane, frittierten Nica-Käse oder ein Rührei. Zum Mittag- und Abendessen wird Fleisch oder Fisch dazu gereicht. Streng genommen frühstücken wir hier also den ganzen Tag. Nachdem wir ein paar Eindrücke und Tipps gesammelt haben, entscheiden wir uns am nächsten Tag mit dem Bus nach Santa Cruz zu fahren. Die Busse in Nicaragua sind alte, meist gelbe Schulbusse, wie man sie aus älteren amerikanischen Filmen kennt und werden von den Touris liebevoll Chicken-Bus genannt. Eine Fahrt kostet je nach Entfernung 1 - 5 Dollar, wobei man für 5 Dollar schon quer durchs ganze Land kommt. In Santa Cruz schlafen wir im Hostel Maria und werden von Maria 3 Tage lang von vorne bis hinten bemuttert, aber auf eine liebevolle Art und Weise. Sie weckt uns sogar morgens um 5, damit wir die Vulkantour bloß nicht verpassen und will uns Frühstück machen.
Die 5 Tage auf der Insel vergehen wie im Flug. An einem Tag machten wir eine Fahrradtour und besuchten einen Wasserfall und einen natürlichen Swimmingpool, das Ojo de Agua. An einem anderen Tag wanderten wir auf den Vulkan Maderas. Marias Sohn war unser Guide. Mit uns wanderten 2 Israelinnen, die so lahm waren, dass aus der 8- eine 12-stündige Wanderung wurde... Naja, was solls, gerade so kamen wir noch im Hellen nach Hause. Auf dem Vulkan hing leider eine dicke fette Wolke, sodass man oben nichts sehen konnte, aber der Weg war sehr schön und neben den ganzen Regenwäldern, die wir schon gesehen haben, erkunden wir diesmal einen Nebelwald. In der restlichen Zeit entdecken wir die Insel und den Playa Domingo zu Fuß. Die letzte Nacht verbrachten wir in Balgüe auf der Suche nach einer Kaffeefarm.
Auf uns wirkte die Insel wie ein großer Zoo. Hühner, Hunde, Katzen, Schweine, Pferde, Kühe und Affen leben hier mehr oder weniger in freier Wildbahn und sind normale Verkehrsteilnehmer. Außerdem ist grade Mangosaison. Yummie! Ich glaube, uns wird keine Mango mehr in Deutschland schmecken. Das Wetter ist dafür sehr wechselhaft, da wir hier grade Green-Season, Regenzeit, haben, d.h. immer wieder regnet es in heftigen Schauern und ist bewölkt, aber kurz danach knallt die Sonne wieder. Aber... je mehr Regen, desto weniger überfüllte Touristenorte.


San Juan del Sur



16/7/17

Unser nächster Stopp ist San Juan del Sur. Wir machen den Fehler und kommen am Sonntag an, dem "Sunday Funday". Der Ort wirkt wie ein mittelamerikanischer Ballermann. Für 30 Dollar lassen sich Gringos von Bar zu Bar fahren und lassen sich volllaufen. Abends gibt es ein Abschlussfeuerwerk, das gefühlt nur aus Chinaböllern besteht. Wir gehen beide wirklich gerne in Berlin feiern und auch mal auf Reisen oder gehen hier in Bars, aber wir fliegen nicht um die halbe Welt, um uns hier so respektlos den Einheimischen gegenüber zu benehmen. Unter allen Reisenden, die man in Nicaragua trifft, gibt es - natürlich überspitzt gesagt - zwei Fraktionen. Die eine läuft mit gratis T-Shirts herum, auf die Sunday Funday gedruckt wurde, und die andere genießt das Ursprüngliche des Landes. Wir gehören definitiv zu letzteren.
Der Vorteil an San Juan ist jedoch, dass so viele Nationen vertreten sind, dass wir mal wieder unsere lang ersehnte Falafel essen können. Außerdem kann man sich mit einem Shuttlebus zu wunderschönen Stränden in der Nähe bringen lassen. Wir machten einen Ausflug zum Playa Maderas, der alles wieder wett macht, was uns an San Juan nicht gefallen hat. Die Strände in Nicaragua sind ein Träumchen.


Playa Popoyo



18/7/17

Die echte Flitterwoche

Weil der Playa Popoyo etwas komplizierter zu erreichen ist, soll er einer der schönsten, nicht überlaufenen Strände Nicaraguas sein. Und das können wir nur bestätigen! Beides... Nach etlichen Versuchen einen Bus zu finden, enden wir mit 2 Australiern in einem Taxi, da natürlich auch mal wieder ein Feiertag ist.
Aus geplanten 2 Tagen am Playa Popoyo wurden sehr schnell 6, es war einfach viel zu schön, um vorher zu gehen.
Wir standen jeden Morgen sehr früh auf, weil sich unser Rhythmus der Sonne angepasst hat. Als erstes geht Nils zur Kokosnusspalme, pflückt Kokosnüsse und bringt uns Kokosnusswasser ans Bett. Auf der Terrasse konnte man morgens im Schatten perfekt ein bisschen Pilates oder Bauch Beine Po machen oder wenn Ebbe war, am Strand laufen gehen. Nach dem Frühstück kam meistens so gegen 8 oder 9 ein kleiner Gemüsetruck vorbei, von dessen Sachen wir uns hauptsächlich ernährten. Neben den obligatorischen Mangos stehen Wassermelonen grade auch ganz weit oben im Rennen. Ab und zu surfen wir, bisher aber weniger erfolgreich. Die Wellen sind zu stark. Ich habe auch ohne Surfbrett geschafft, mir einen kleinen Zeh zu brechen. Sonst sind wir viel am Strand spazieren gegangen und lagen faul in der Sonne herum. Statt Cuba Libre trinkt man hier Nica Libre. Obwohl ich nie ein Rum-Fan war, mag ich den Nica-Rum "Flor de Caña" hier wirklich gerne. Wenn gerade kein Stromausfall war, funktionierte sogar das Internet an diesem abgeschiedenen Ort sehr gut. Wir leben von weniger als 20 Euro am Tag. Wir haben den perfekten Ort für uns gefunden und so viele Fotos geschossen wie noch nie zuvor. Der Himmel, der Strand und die Palmen nahmen in jedem Licht neue faszinierende Farben an und die Sonnenuntergänge waren wunderschön. Es wird noch schwer, die ganzen Fotos zu sortieren. Als ich einen ähnlichen Text in meine Familienwhatsappgruppe (die Deutschen und ihre langen Wörter :D) geschickt habe, schreibt meine Schwester Nina: "So habe ich mir eure Flitterwochen eigentlich vorgestellt". Dadurch ist uns selbst bewusst geworden, dass wir Urlaub von der Reise genommen haben und wir so entspannt waren wie seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren, nicht mehr. Generell schafft dieses unglaubliche Land einfach jede Person zu entspannen. Alle sind so herzlich, die Entfernungen kurz, die Gebäude so bunt, die Natur atemberaubend und die Strände ein Traum. Und wer da immer noch nicht entspannt, der trinkt einen Nica Libre und ist spätestens dann glücklich.
Auf dem Rückweg von Popoyo haben wir keine Lust auf ein Taxi und trampen zurück. Und keine Sorge, das ist hier üblich. Die meisten, die einen nicht mitnehmen, entschuldigen sich sogar, wenn sie in die falsche Richtung müssen. Von unserem letzten Lift, ein ausgewanderter, jetzt brotbackender Holländer, erfahren wir, dass viele Grundstücke am Playa Popoyo bis vor kurzem im Privatbesitz des Somoza-Clans waren, der Nicaragua von 1934 bis 1979 diktatorisch beherrscht hat, sodass sich Popoyo daher noch nicht so touristisch entwickelt hat. Im Vulkan Masaya sollen die Somoza übrigens ihre politischen Gegner entsorgt haben.


Granada



24/7/17

Nicaraguas älteste koloniale Stadt

Einmal zurück nach Rivas getrampt, sitzen wir schon im nächsten Chickenbus auf dem Weg nach Granada. Knapp 2 Stunden später erreichen wir unser Ziel. Der Busbahnhof befindet sich mitten auf einem chaotischen, dreckigen Markt. Der erste Eindruck trügt jedoch, Granada ist eine sehr saubere, aufgeräumte Stadt mit gut erhaltenen oder gerade frisch renovierten kolonialen Gebäuden in den verschiedensten Farben. Wie schön Deutschland doch wäre, wenn unsere Häuser so schöne, knallige, bunte Farben hätten. Außerdem gibt es sehr viele Kirchen und bei einer kann man sogar auf den Kirchturm. Die Aussicht über die Stadt mit mehreren Vulkanen im Hintergrund stellt schon eine sehr schöne Kulisse dar.
Am zweiten Tag schließen wir uns einer Tour an. Als erstes steht ein Marktbesuch in Masaya auf dem Programm. Auf dem Markt wird sämtliches Kunsthandwerk verkauft und wir gehen zum ersten Mal so richtig Souvenirs shoppen. Aber nur die kleinsten Dinge, die wir finden konnten, wir müssen die Sachen ja schließlich noch 2 Monate mit uns herumschleppen. Danach geht es weiter zum Haupthighlight der Tour, dem Vulkan Masaya. Man wird bei Sonnenuntergang zum Krater des Vulkans gebracht und darf 15min brodelndes Lava beobachten. Nicht länger, sonst werden die Gase zu giftig. Das war so ein beeindruckendes Erlebnis, dass wir danach richtig geflasht waren. Definitiv weiterzuempfehlen!
Außerdem machen wir von Granada aus zwei weitere Ausflüge auf eigene Faust mit dem Chickenbus. Einmal treibt es uns in die Peñas Blancas (weiße Dörfer), die gar nicht mehr so weiß sind, dafür voller Kunsthandwerk aus der Region und einem schönen Aussichtspunkt über die Laguna de Apoyo, Granada und die umliegenden Vulkane. Die Laguna nehmen wir uns gleich für den nächsten Tag vor. Da wir am Morgen in den falschen Bus springen, wandern wir 2-3 Stunden zur Laguna und trampen den Rest. Die Laguna selbst war ganz nett, aber eher zum erholen vom Hinweg, als als Highlight selbst. Aber immerhin war der Weg schön.
Insgesamt blieben wir 5 Tage in Granada, die restliche Zeit verbrachten wir damit, einen Camper für die USA zu finden und unsere Reiseroute fertig zu planen. Wir haben sogar schon ein AirBnB für die letzte Woche in New York. Unglaublich, wenn man sich vorstellt, dass man hier alles höchstens einen Tag im Voraus plant. Meistens nicht mal das. Man geht zum Hostel oder zum Bus und fragt, ob noch ein Bett oder Platz frei ist. Und wenn nicht geht man zum nächsten. Super nervig diese Planerei! Anscheinend läuft da nicht soviel mit Spontanität... aber nach insgesamt 1-2 Wochen Anfragen versenden, finden wir endlich einen kleinen Van und freuen uns schon auf unseren Deutschlandbesuch von Maxi, Sophia und meiner Mutter! Außerdem lernen wir in unserem gemütlichen Hostel ein irisch/italienisches Pärchen kennen. Die beiden wohnen eigentlich in Barcelona und sie sind die ersten, die wir treffen, die fast genau die gleiche Reiseroute haben wie wir. Da konnten natürlich einige Geschichten ausgetauscht werden.


León



28/7/17

In León haben wir keine Lust auf Touristsein. Die Stadt ist perfekt, um sich ein bisschen treiben zu lassen. Wir werfen alle Pläne über Bord und buchen uns für 5 Nächte ein Airbnb, indem wir mit Henry aus Nicaragua, Rachel aus der Schweiz, Tessa aus Washington und Katze Frida WG-artig zusammenwohnen. Rachel bleibt für 6 Wochen, um Spanisch zu lernen und Tessa für ein Jahr. Sie arbeitet als Englischlehrerin. Die drei versorgen uns mit guten Tipps für die Stadt und die Strände. Eigentlich machen hier die meisten eine Tour zu einem Vulkan, von dem man mit einem umgebauten Snowboard runterboarden kann. Aber was hat das mit Nica zu tun? Nichts. Genau deswegen entscheiden wir uns dagegen. Wir lassen uns von Rachel den Playa Roca im Nahe gelegenen Las Peñitas zeigen, ein wunderschöner Strand, der am Wochenende voller Nicas ist, die sich eine Auszeit von der Hitze aus der Stadt nehmen. Insgesamt verbringen wir 3 halbe Tage am Strand. Ab spätnachmittags regnet es meistens. Über Rachel und Henry lernen wir auch Elise und ihren Freund kennen. Bei den beiden nehmen wir unsere erste private Salsastunde. Das hat richtig Spaß gemacht! Auf Kuba kommen hoffentlich noch ein paar Stunden dazu. Außerdem ist am Wochenende ein Fest in der Stadt zu Ehren des Dichters Rubén Darío aus Nicaragua. Neben sämtlicher landesüblicher Musik und Tänzen, gibt es eine große Lichtershow, bei der die große weiße Kathedrale etwas kitschig angestrahlt wird. Als wir am Samstagabend genug von den Tänzen haben, machen wir ein bisschen Barhopping. León ist so eine lebendige Stadt! In vielen Städten sieht man abends nur noch wenig Einheimische, aber die Leóner sind feierwütig. Toña, die Biermarke, die hier alle trinken, und Nica Libre werden in großen Mengen getilgt. Sonst steigen wir auf das Dach der Kathedrale, stöbern uns durch ein paar Second Hand Geschäfte und futtern uns durch sämtliche Marktstände.
León ist die erste Stadt, in wir uns vorstellen können, mehrere Wochen oder Monate zu wohnen. Da es nicht nur uns so geht, gibt es hier viele Ausländer, die als Touristen gekommen sind und ihren Aufenthalt verlängern, um Spanisch zu lernen oder als Voluntäre arbeiten. Und falls es noch nicht deutlich geworden ist, wir lieben Nicaragua! Ich kann es gar nicht häufig genug sagen. Peru und Nicaragua sind bis jetzt unsere absoluten Favoriten!

P.S.: Kennt ihr das, wenn man einen Song so oft hört im Radio, Bus, auf der Straße oder in Geschäften, dass man keine Wahl hat, ihn zu mögen oder nicht? Man bekommt einen Ohrwurm und feiert das Lied einfach total, weil es zur Situation passt und auf einmal ist das dein neues Lieblingslied, obwohl du es normalerweise gar nicht mögen würdest. Despacito!


Estelí



2/8/17

Das ländliche Nicaragua

Als wir in Esteli ankommen, nehmen wir ein Taxi vom außerhalb gelegenen Busbahnhof in die Innenstadt zu unserem Hostel. Die Stadt selbst ist eigentlich für nichts besonderes bekannt und man sieht auch fast keine Touristen. Aber uns gefällt sie von Anfang an. Wie fast jedes Mal, wenn wir an einem Ort ankommen, kribbelt mein Bauch vor Vorfreude, wir schmeißen immer nur kurz die Sachen in die jeweilige Unterkunft und ziehen sofort los auf Erkundungstour. Man will ja wissen, mit welcher Stadt man es zu tun hat. Wir haben nicht mal richtig Fotos von Esteli, weil es gar keinen besonders schönen Ort gab für den es sich gelohnt hätte, die Kamera rauszukramen. Vom Flair, der einen mitreißt, ist es eben schwer Fotos zu machen. Die Stadt ist eine Arbeiterstadt mit vielen kleinen Shops und Lokalen. Da sie in den Bergen liegt, ist es nicht ganz so warm, was sie umso lebendiger macht. In Leon war es so heiß, dass die Stadt tagsüber teilweise leer war, weil die meisten drin bleiben oder wie gelähmt durch die Straßen schleichen. Außerdem ist unsere Unterkunft ein nettes Hospedaje, in dem viele Familien aus Nicaragua ihr Wochenende verbringen. Da Esteli und die umliegende Region eine bekannte Kaffeeregion ist, gibt es den ganzen Tag über super leckeren Kaffee umsonst im Hostel. Das ist eine gefährliche Kombi, wenn man noch so viele Dinge am Laptop erledigen muss vor Kuba. Sprich, wir tranken viel zu viel Kaffee und lagen nachts wach im Bett. Wir dürfen auch die Waschmaschine mitbenutzen, worüber wir uns besonders freuen, weil wir nicht wissen, ob man auf Kuba gut waschen kann. Das mit dem Waschen ist auf der Reise so eine Sache. Es gibt zwar immer lavanderias (Wäschereien), die auch nicht besonders teuer sind, aber die Wäsche kommt meistens genauso dreckig wieder zurück, nur dass sie extrem nach Waschpulver riecht und jedes Mal ausgeleierter ist oder ein paar Löcher mehr hat. Es wird hier leider nur kalt gewaschen. Manchmal kommt auch nicht alles zurück, was man abgegeben hat. Die Waschmaschine in Esteli sieht so aus, als würde sie uns gute Dienste erweisen. Aber da sollten wir uns leider täuschen. Sämtliche Matschflecken, die man wegen der Regenzeit zwangsläufig bekommt, sind immer noch gut erkennbar in allen hellen Klamotten. Wir machen schon Witze darüber, ob man uns "Penner" wohl in die USA lässt.

Parque Natural de Miraflores

Von Esteli aus besuchen wir den Miraflores Nationalpark. Der Nationalpark ist noch nicht sehr touristisch erschlossen und es gibt kaum richtige Wanderwege, was einen Guide unabdingbar macht. Über die non-profit Organization TreeHuggers, die sich in der Region besonders engagiert, buchen wir einen Guide für einen Tag und zwei Übernachtungen bei Familien im Park. Für 20 Dollar pro Tag und Nase bekommt man eine Übernachtung mit Vollpension. Der Park besteht hauptsächlich aus einer Bergregion mit vielen Bauernhöfen und Kaffeeplantagen.
Am nächsten Morgen geht es früh los mit dem Chickenbus in die Berge, wo Jade, unser Guide, schon auf uns wartet. Da es sich um ein soziales Projekt handelt, um die isolierten Bergregionen auch am Tourismus teilhaben zu lassen, ist Jade einfach ein 21-jähriger Farmerssohn aus der Gegend und kein ausgebilderter Guide. Er zeigt uns den Weg und sagt nichts. Wirklich nichts. 20min lang ertragen wir die peinliche Stille und danach entscheiden wir, dass er Pech gehabt hat und löchern ihn mit tausend Fragen auf unserem schlechten Spanisch.
Die Region sieht wunderschön aus und man kann von verschiedenen Aussichtspunkten meilenweit über die Berge schauen. Die ansässigen Farmer leben sehr einfach. Die erste Familie, bei der wir schlafen, besteht aus so vielen Mitgliedern, dass es anfangs schwer war, den Überblick zu gewinnen. Die Eltern Marja und Marlon sind Lehrer in der kleinen Dorfschule. Bei ihnen wohnt aber nicht nur ihr 6 Monate altes Baby Marie-Marcella, sondern auch eine Nichte und ein Neffe von Marja. Die Nichte Franceli ist 8, ihre Mutter arbeitet den ganzen Tag in einer Zigarrenfabrik in Esteli und hat deswegen nicht genug Zeit für sie. Die Mutter des 6-jährigen Osmani wohnt auch in Esteli und hätte sogar Zeit, aber der kleine fühlt sich in der abgeschiedenen Bergwelt wohler und hat deswegen selbst entschieden, bei seiner Tante zu wohnen. Dann gibt es noch einen Knecht, eine Putzfrau und ein Kindermädchen. Nach Schulschluss hält sich aber die halbe Dorfschule teilweise samt Müttern bei Marja und Marlon auf bis sie abends von den Vätern und Männern abgeholt werden, die vom Feld oder der Arbeit kommen. Obwohl die Verhältnisse sehr ärmlich wirken, scheinen Marja und Marlon als Lehrer im Dorf noch relativ gut darzustehen und deswegen lassen sie auch die halbe Dorfgemeinschaft mittags bei sich essen.

Die Familie hat uns anfangs etwas verhalten und schüchtern, dann aber umso neugieriger und gastfreundlicher aufgenommen. Wir bekommen ein eigenes kleines Zimmer, das Klo ist ein Plumpsklo im Garten und die Dusche ist ebenso im Garten eine Wassertonne mit Schöpfkelle. Der Herd wird noch mit Holz befeuert. Und was am schönsten ist, alle arbeiten und halten zusammen. So werden wir beim Abendessenkochen wie selbstverständlich mit eingebunden. Das Essen besteht dreimal am Tag aus Reis und Bohnen mit leicht variierenden Beilagen. Nils redet mir bei jeder Mahlzeit gut zu: "Du musst nur noch 2,5 Wochen durchhalten, dann wirst du erschlagen von der Essensvielfalt in Kalifornien". Und ich muss sagen, obwohl das Essen insgesamt genauso monoton ist wie in Peru, schmeckt es uns hier besser. Also Kuba werden wir auch noch überleben, aber danach darf die Reisdiät gerne ein Ende nehmen. Beim Mittagessen fragen wir den Guide Jade mal wieder aus. Er erklärt uns, dass bis auf den Reis alles regional ist. Und mit "nicht regional" meint er, der Reis wurde in einem Gebiet angebaut, das 3 Stunden von Miraflores entfernt liegt. Daran könnte sich Deutschland mal ein Beispiel nehmen. Die Familie erzählt uns abends bei selbstangebautem Baldriantee, dass sie froh sind über den neu entstandenen Tourismus, weil so Austausch stattfinden kann. Wir erzählen von Deutschland und sie uns von Nicaragua. Durch den Tourismus und die Kaffeernte im November und Dezember hat die Rolle der Frau sich deutlich verbessert, weil viele Frauen eine Arbeit gefunden haben, selbstständiger sind und nicht nur von ihrem Mann als Hauptverdiener abhängig sind. Noch in den 80ern gab es aufgrund des Bürgerkrieges gegen die Somozas in vielen Haushalten Waffen. Abends, wenn Männer zusammensaßen und Rum tranken, sind sie häufig ihren Frauen gegenüber gewalttätig geworden. Die Frauen sollen sich nicht selten mit den Waffen gewehrt haben. Außerdem war es bis vor Kurzem in Nicaragua von der Kirche verboten zu verhüten. Das hat sich zum Glück geändert, Familien bekommen weniger Kinder und können es sich dadurch eher leisten, diese auch zur Uni zu schicken.
Am nächsten Morgen wandern wir zur nächsten Familie ohne Guide. Bei der zweiten Familie verlief alles etwas anonymer, dafür gibt es Hängematten. Wir können der Regenzeit auch was positives abgewinnen. Es ist supergemütlich mit einem Buch stundenlang in einer Hängematte zu verschwinden, natürlich solange diese überdacht ist. Nach der Tour bleiben wir noch zwei Nächte in Esteli und erledigen ein paar Dinge vor Kuba, dann machen wir uns 2 Tage lang mit Zwischenstopp in Rivas auf den Rückweg nach Costa Rica.

Nicaragua, wir kommen wieder!

Nicaragua haben wir wirklich mit schwerem Herzen verlassen. Eine unserer nächsten Reisen wird auf jeden Fall von Mexiko beginnend die restlichen zentralamerikanischen Länder zu besuchen und dann auch Nicaragua wiederzusehen. Von der Hauptstadt Costa Ricas aus geht morgen der Flug nach Havanna...


Kuba


La Habana



9/8/17

Havanna Centro, Nils neues Lieblingsviertel.

Vom Flughafen aus marschieren wir 1,5 km querbeet zur nächsten Hauptstraße und fahren mit einem Guagua (öffentlicher Bus) für umgerechnet 2ct pro Person nach Havanna Centro. Kuba ist das heißeste Land bisher und haut uns nicht nur wegen der Hitze von den Socken. In Havanna Centro leben sehr viele Kubaner auf engstem Raum und außerdem gibt es eine Menge Casa particulares (das Hosteldepandant in Kuba). Da gerade auch noch die Wasserleitungen erneuert wurden, waren sämtliche Straßen aufgerissen, was nicht nur chaotisch aussah, sondern zusätzlich einen unangenehmen Geruch verbreitete. Außerdem ist das Viertel voller Müllbergen, halben Ruinen und eine Menge skuriller Gestalten. Die Beschreibung mag nicht sehr verlockend klingen, aber dafür hat uns die laute Musik an jeder Ecke, die vielen Peso-Shops, die Sandwiches, Pizza, Pasta und frische Säfte für cent-Beträge verkaufen, die vielen Menschen, Kutschen, die alten amerikanischen Autos, die Hunde, die Häuser, die ihre besten Tage schon hinter sich haben, aber deren koloniale Schönheit noch zu vermuten ist und die Nähe zum Malecón (Promenade) umso mehr fasziniert. Havanna Centro ist ein chaotisches Viertel und wirkte auf uns wie das wohl friedlichste „Ghetto“ auf der Welt. Nils, dem das Viertel besonders gefallen hat, bekam seinen Mund gar nicht mehr zu und nannte es liebevoll „einen riesigen Abenteuerspielplatz“. Generell ist Havanna Centro genauso wie Havanna oder ganz Kuba schwer zu vergleichen mit einer anderen Destination, alles ist anders und hat seinen eigenen Stil.
Unser erster Tag verlief wie immer so, dass wir uns um die überlebenswichtigen Dinge kümmern. Geld abheben oder wechseln, Essen und Getränke besorgen, eventuell die öffentlichen Verkehrsmittel verstehen, etc. Was sonst ein Kinderspiel ist, ist auf Kuba nicht ganz so einfach, vor allem wenn man nicht im touristischen Havanna Vejo (der aufgehübschten Altstadt) schläft. Um Geld abzuheben, muss man sich brav eine Stunde bei der Bank anstellen. Um Wasser zu kaufen, muss man eine halbe Stunde vorm Supermarkt anstehen und eine weitere halbe Stunde drinnen an der Kasse. Die Wartezeiten beim Essen sind geringer abhängig von der Popularität des peso-Shops. Was man schnell lernen sollte ist, wie man auf Kuba richtig Schlange steht, denn die Schlange ist meist ein wilder Haufen, der nicht erkennen lässt, wer wann an der Reihe ist. Was den ordnungsliebenden Deutschen erst überfordern mag, folgt einem simplen System. Sobald man sich einer wartenden Traube nähert, fragt man in die Runde nach dem Letzten („El ultimo?“), dann merkt man sich seinen Vordermann und gibt sich, wenn der nächste nach dem letzten fragt zu erkennen. Jetzt kann man nach Belieben die Schlange verlassen oder im Schatten warten, denn der Platz in der chaotischen Schlange ist gesichert. Weiter geht’s mit der Shoppingtour. Schon allein der Besuch eines typischen Supermarktes entlarvt sich als ein Erlebnis für sich. Ach, da fällt mir ein, eine Schlange habe ich vergessen. Manchmal muss man auch anstehen, um seinen Rucksack vor dem Supermarkt abzugeben und nach dem Einkauf wieder abzuholen. Im Supermarkt gibt es kaum frische Produkte, generell kaum Auswahl und vieles ist ausverkauft, sodass leere Regale keine Seltenheit darstellen und dass ein großes Regal nur mit einem Produkt befüllt ist, aber trickreich aufgestellt ist, damit es voller wirkt.
Die eigentliche Währung Kubas ist der Peso. In den Neunzigern führte die Regierung eine zweite Währung, den Peso convertible (CUC, für "peso cubano convertible"), ein, der sich 1:1 an dem US-Dollar orientiert und eher für Unternehmen, Touristen und teurere Konsumartikel ist. Er ist aber nicht wirklich frei konvertierbar, sondern kann nur von wenigen Kubanern in staatlichen Banken und Wechselstuben legal getauscht werden. Andersherum kommt man als Ausländer nur schwer an den einheimnischen Peso, wie wir gleich am Flughafen erfahren. Da die ATMs am Flughafen leer oder außer Betrieb waren und wir Geld für den Bus in die Stadt brauchten, versuchten wir unser Glück in der Flughafen-Wechselstube. Auf die Frage nach Pesos bekommen wir nur eine böse und sehr unfreundliche Antwort, wir dürften nur CUC ertauschen. Na gut, besser als nichts. Wir tauschen unseren letzten Euros aus Deutschland ein, wohl wissend, dass beim Umtausch von US-Dollern ein Strafgebühr von etwa 10% erhoben wird. Am nächsten Tag suchen wir eine Wechselstube in der Stadt auf, vor der - Überraschung - eine etwa zweistündige Schlange steht. Genervt vom ganzen Gewarte tauscht Nils daraufhin CUC gegen Pesos mit einem zwielichtigen Barbetreiber.
Äußerst fasziniert sind wir von der Kreativität und dem Einfallsreichtum der Kubaner, der notgedrungen aus dem Mangel an vielen, für uns völlig normalen, Alltagsgegenständen entwächst. Werkzeug, Geld, Lebensmittel, so ziemlich alles leiht man sich von Nachbarn. Man kennt sich in der Straße und weiß, bei wem man sich was borgen kann. Es gibt kaum Plastik, als Pizzaunterlage dienen daher alte Dokumente oder zurechtgeschnittene Pappreste. Wer die Spaghetti (meist gleich für die ganze Familie) gerne mitnehmen will, muss seine eigene Box oder gleich einen Topf oder ähnliches mitbringen (der Phantasie ist keine Grenzen gesetzt). Wir sind begeistert von der geringen Müllproduktion und dem Wiederverwerten und Reparieren vieler Dinge.

Habana Vieja

Von den Eindrücken des ersten Tages total berauscht fallen wir in einen 10 stündigen Dornröschenschlaf und machen uns mehr als enthusiastisch auf, um die restliche Stadt zu erkunden. In Havanna Vieja soll uns zum ersten Mal auf Kuba auffallen, dass irgendwas nicht stimmt. Wir sind fehl am Platz. Die Altstadt ist aufgehübscht, komplett renoviert, die alten Autos sind aufs Schickste restauriert, es gibt riesige Luxushotels und jede Menge Touristen, nur weit und breit können wir keine Backpacker sehen. Wir senken den Altersdurchschnitt deutlich, werden mehrmals angesprochen, wie jung wir doch seien, weil hier sonst nur Ältere unterwegs sind. Die anderen Touristen unterscheiden sich nicht nur vom Alter von uns, sondern auch vom Aussehen (a la schickstes Sommerkleid vs. Dauershirts und Flip-Flops) und vom Budget. Nichtsdestotrotz haben wir einen schönen Sightseeing-Tag und sagen uns, dass die anderen Backpacker sich bestimmt nur woanders versteckt haben.


Valle de Viñales



11/8/17

Fortbewegung

Das nächste heikle Thema für uns war, wie man von A nach B kommt. Die meisten Touristen nehmen den Viazul-Bus, der auch nur für Touristen vorgesehen ist, weil man den staatlichen Omni-Bus nicht benutzen darf als Nicht-Kubaner. Der luxuriöse Viazulbus ist überdurchschnittlich teuer verglichen mit der zurückgelegten Strecke (teurer als der deutsche Fernbus). Außerdem stößt es uns auf, dass es eine Trennung gibt zwischen Touri und Kubaner, weil wir es aus den anderen Ländern gewohnt sind, dass alle zusammen den gleichen Bus nutzen und wir es absurd finden, dass künstlich 2 Klassen erzeugt werden und wir quasi gezwungenermaßen in die reichere geordnet werden. Dieses Bild zeigte sich leider nicht nur bei den Verkehrsmitteln. Neben den Viazulbussen teilen sich viele auch noch ein Sammeltaxi, was aber noch teurer ist. Denn auch hier gibt es Sammeltaxis für Touristen und für Einheimische. Wir hatten von der Problematik vorher aber schon gehört und viel online gelesen und sind glücklicherweise auf einen Blog gestoßen. Dank der vielen Tipps haben wir es dann doch günstiger und mit den Einheimischen geschafft von Stadt zu Stadt und in diesem Fall nach Viñales zu kommen. Man muss nur wissen, wo die Sammeltaxis der Einheimischen abfahren und bereit sein, auch mal hinten auf einem Laster mitzufahren.

Das Tal im Orgelpfeifengebirge ("Sierra de los Órganos")

In Viñales wollten wir ursprünglich 2 Nächte verbringen und das umliegende schöne Tal Valle de Viñales ansehen. Eigentlich hatten wir vor eine Fahrradtour auf eigene Faust zu machen. Kurz nach Ankunft in unserem Casa überhäuft uns der Herbergsvater mit Tourvorschlägen, was uns leider auch generell aufgefallen ist. Viele Einheimische wollen uns ständig was verkaufen und sind fast gekränkt, wenn man ablehnt, und dann gar nicht mehr so freundlich. Wir können jeden Kubaner verstehen, der sich zu seinem durchschnittlichen Monatsgehalt von 20 CUC was dazuverdienen möchte, jedoch verlieh es unserem Aufenthalt oft einen unangenehmen Beigeschmack. Da ich schon sehr lange mal wieder reiten wollte, aber immer Zweifel hatte, ob es den Pferden gut genug geht, lassen wir uns überreden und machen noch am gleichen Nachmittag statt einer Radtour einen Reitausflug durchs Tal. Überzeugend waren für uns der anstehende Besuch einer Höhle, einer Kaffeeplantage und einer Tabakplantage mit jeweiliger Verkostung.
Kurz bevor es losging, geht Nils in die kleine Stadt um Wasser zu besorgen, als er wiederkommt, sind seine ersten Worte: Sylvia, es ist schrecklich hier, können wir bitte nur eine Nacht bleiben? Ohne mir selbst ein Bild gemacht zu haben, willige ich blind ein, weil wir bei solchen Dingen bisher immer den gleichen Riecher hatten. Unsere Vermieter fanden die Idee weniger prickelnd, da ihnen so 25 CUC durch die Lappen gingen, aber die Diskussion war es wert. Der Ort wirkte einfach nur wie für Touristen geschaffen und auch die Tour war eher eine Verkaufstour, sodass wir froh waren, am nächsten Tag schon wieder auf der Weiterreise nach Cienfuegos zu sein.
Während der Reittour reagierte man fast unhöflich, weil wir keinen Rum, keinen Honig und auch keine Zigarren kaufen wollten. Wenn die anderen gerne Rum für 20 Dollar kaufen wollen, den es für 3 im Supermarkt gibt, sollen sie dies gerne tun, aber nicht mit uns! Das Reiten an sich war leider so, wie ich es befürchtet hatte. Der Zustand der Pferde war nicht sehr gut und obwohl wir dem Guide sagten, dass Nils ein absoluter Reitanfänger sei, fand er es lustig, dass Pferd überraschend von hinten mehrmals mit einer Gerte zum Galopp anzutreiben und Nils jedes mal fast einen Satz nach unten machte.


Cienfuegos



12/8/17

La Perla del Sur - Die Perle des Südens

Voller Hoffnung auf Besserung brechen wir in aller Früh am nächsten Morgen auf in Richtung Cienfuegos an Kubas Südküste. Laut dem Musiker Beny Moré die Stadt, die ihm am allermeisten gefalle ("Cienfuegos es la ciudad que màs me gusta a mí!"). Da die Stadt mit dem Ziel gegründet wurde, den Anteil der weißen Bevölkerung auf Kuba zu erhöhen und daher zunächst viele Amerikaner und Franzosen herzogen, wartet die Stadt Cienfuegos mit schönen, französisch angehauchten Gebäuden auf. Vor allem die damals reichen Zuckerbarone Kubas steckten viel Geld in den Bau ihrer protzigen Häuser Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Wir haben Glück, Cienfuegos ist tatsächlich viel weniger überlaufen und wir finden noch dazu ein besonders schönes Casa. Bei den sog. Casa particulares (particular=einfach) handelt es sich um Zimmer, die von Einheimischen offiziell in ihren eigenen Häusern vermietet werden. Sie stellen die günstigste Möglichkeit dar, auf Kuba zu übernachten, haben einheitliche Preise und anscheinend den gleichen Standard, wie z.B. Klimaanlage und eigenes Bad, zu erfüllen. So kommt es, dass wir auf Kuba in den luxuriösesten Unterkünften unserer gesamten Reise unterkommen, aber auch in den teuersten. Einmal in einem Casa übernachtet, rufen die Besitzer Verwandte oder Freunde in deiner nächsten Stadt an, um dir eine Unterkunft zu organisieren. Nach unserer Erfahrung in Viñales beschließen wir allerdings zum Entsetzen der meisten Besitzer, ohne Reservierung weiterzureisen und wieder selbst in der jeweiligen Stadt auf die Suche zu gehen. Dann kann man sich nämlich wieder sicher sein, dass die Lage gut ist, auf den Einheitspreis nichts draufgeschlagen wird und wir uns uns mit den Vermietern gut verstehen. Sogleich landen wir in Cienfuegos in einem schönen Zimmer in einem riesigen Kolonialbau mit Dachterrasse mitten am Prado (zentrale Flaniermeile), in dem ein altes, sehr liebenswertes, kubanisches Ehepaar wohnt.

Karneval!

Gegen Spätnachmittag kommen wir an und als unsere Casa-Vermieter uns verkünden, dass an diesem Wochenende Carneval ist, legen wir nur schnell unsere sieben Sachen (bestehend aus einem halbvollen Backpack und einem Tagesrucksack; den Rest haben wir in Havanna gelassen) ins Zimmer und verbringen den Rest des Tages beim Carneval. Wir finden uns auf einer langen Partymeile, die sich den Malecón Cienfuegos‘ entang streckt, zwischen partywütigen Kubanern (endlich!) wieder. Mal wieder sind wir fasziniert von der Kreativität, die in der Not entstehen kann. Das Bier wird aus riesigen Fässern gezapft und 700ml kosten 3 Peso (12 Cent!!). Da es aber keine Plastikbecher gibt, muss jeder seinen eigenen Behälter mitbringen. Von normaler Plastikbecher über Pringles-Chipsdose bis Wasserkocher sehen wir so ziemlich alles, was sich mit kühlem Bier befüllen lässt. Als gegen Abend ein riesiges Unwetter aufbricht, lässt sich aber niemand aus der Feierlaune bringen, denn um 21 Uhr sollte noch ein großer Umzug stattfinden. 2 Stunden lang warten wir bis der Regen wieder aufhört, aber es gibt schlimmeres als mit 15 Kubanern zusammengequetscht unter einem Sonnenschirm literweise Bier zu trinken und Despacito zu singen. Am Ende des Abends hatten wir 15 neue Freunde, die uns zu sich und ihrem Familienausflug einladen wollten. Nachdem ein paar Vorurteile über Deutsche rausgelassen wurden, lagen sich Nils und ein anderer betrunken in den Armen und versicherten sich immer wieder, dass wir doch alle im Herzen gleich sind. Der darauffolgende Carnevalsumzug war bunt, voller schöner Kostüme und sehr viel Salsa. So langsam machte sich auch das billige Bier bemerkbar, der Kater war vorprogrammiert. Am zweiten Tag sehen wir uns ein wenig die überschauliche, aber sehr schöne Stadt an und schauen uns abends den gleichen Carnevalsumzug noch einmal an.


Trinidad



14/8/17

Was für ein idyllisches Städchen!

Nicht weit entfernt von Cienfuegos liegt das viel bekanntere Trinidad. Nach einer 2-stündigen Sammeltaxifahrt an einer wunderschönen Küste entlang nehmen wir es in Kauf, etwas länger ein neues Casa zu finden, weil wir mal wieder nichts vorreserviert haben und nicht zu viel zahlen wollen. Die Suche hat sich aber gelohnt und so bleiben wir gleich für 3 Tage in einem Casa mit angrenzendem Lokal. Die Kellnerinnen merken sich schnell unsere Vorlieben: kein Fleisch, kein Ei, keine Milch, dafür mehr Bohnen und Salat und dazu für mich einen Cuba Libre (seit Nicaragua bin ich offizielle Rumtrinkerin) und für Nils einen Mojito mit frischer Mojitominze aus dem Garten, bitte!
In Lonely Planet wird ein schöner Stadtspaziergang vorgeschlagen, der viele Sights abklappert. Klingt gut und nehmen wir uns gleich für den ersten Tag vor. Nur waren wir mal wieder nicht die einzigen mit der Idee. Wir sehen mindestens 20 andere mit ihrem Lonely Planet vor der Nase. Wir stecken das Handy (darauf der Lonely Planet als pdf) weg und folgen den anderen unauffällig.

Internet

Abends versuchen wir zum ersten Mal ein Lebenszeichen an unsere Lieben zu Hause zu schicken, was sich auf Kuba etwas komplizierter darstellt. Man kauft sich eine Handykarte bei Etecsa für 1,5 CUC die Stunde, rubbelt die Zugangsdaten frei und sucht einen Platz mit Internet. Es gibt meist nicht viele in einer Stadt und sie sind leicht zu erkennen an den ganzen Smombies, die sich verzweifelt versuchen einzuloggen. Denn das Netz ist permament überlastet und es dauert schon mal eine Stunde bis man überhaupt reinkommt. Von Trinidad aus versuchen wir auch ein AirBnB für Varadero zu buchen. Fehlanzeige, die Buchung ist gesperrt, wenn man sich auf Kuba befindet, dem US-amerikanischen Handelsembargo sei Dank! Außerdem kann man in Trinidad abends zu verschiedenen teilweise sehr touristischen Veranstaltungen gehen, das Angebot ist sehr groß. Salsatanzshows und Diskos in Höllen sind besonders beliebt. Von der Schlange abgeschreckt streunern wir einfach so durch die Stadt, kaufen uns Bier im Pesoshop und bleiben an dem Internetplatz hängen. Nicht zum Surfen, sondern weil sich hier das Leben abspielt.

Umwerfend schöne weiße Karibikstrände!

Am zweiten Tag machen wir uns auf zum Playa Ancón, einem wunderschönen hellen Strand mit türkisfarbenem Wasser und verbringen dort den ganzen Tag. Auf dem Weg dahin treffe ich im Bus eine Bekannte aus der Uni, die Welt ist klein und Kuba sehr beliebt! Nils schwimmt in eine Blaualge, die Wunde entwickelt sich erst Tage später. Die Narbe bleibt wohl noch länger. Außerdem entdecken wir auf halbem Weg einen anderen Strand mit noch schönerem Wasser, vielen quirligen Essensständen, aber dafür keinem schönen Strand. Der Plan für den nächsten Tag steht! Den Playa La Boca erreicht man mit einem PickUp auf den 20 Leute geladen werden für ein paar Cent. Vor Ort gibt es sehr leckeres günstiges Essen und wer sich am Playa Ancón gewundert hat, wo die Einheimischen sind, findet seine Antwort am Playa La Boca. Wir kommen ins Gespräch mit einer Familie, die uns wann immer wir wollen zu sich nach Santa Clara einlädt.
Neben dem Lokal, das zu unserem Casa gehört, haben wir auch ein anderes Stammlokal. Es wird geführt von einem alten Ehepaar. Morgens gibt es Sandwiches und frischen Saft, mittags das immer gleiche Tagesgericht (Reis und Bohnen) und zum Nachtisch sehr leckeres Eis.

Wir hängen fest!

Am vierten und letzten Tag wollen wir frühmorgens eigentlich sofort nach Varadero weiterfahren. Die Fahrt mit einem Sammeltaxi vereinbarten wir einen Tag zuvor und gingen pünktlich zum Treffpunkt. Als wir 1,5 Stunden später immer noch alleine an der Ecke stehen, machen wir uns auf die Suche nach einem neuen. Ein Fahrer nach dem anderen verspricht uns in einer Stunde loszufahren. Das Problem ist jedoch immer das Gleiche, sie müssen erst ein Auto organisieren. Um 16 Uhr sind wir völlig entnervt nach 5 leeren Versprechungen immer noch in Trinidad und überlegen schon in unserem Casa eine Nacht zu verlängern, als wir wenigstens einen Fahrer finden, der eigentlich nach Havanna will und uns in einem kleinen Ort rauslässt an einer Abgabelung nach Varadero. Da es mittlerweile 19 Uhr ist übernachten wir in dem kleinen Ort Jagüey Grande, der dann auch ganz nett war. Kein einziger Touri in Sicht, das einzige Zimmer, was wir finden, hat eventuell auch manchmal andere Verwendungszwecke (Spiegel an der Decke, Pornos und Kondome auf dem Nachtschrank), aber was solls, immerhin haben wir den Internetplatz am Morgen für uns und ich kann sogar per WhatsApp telefonieren, um meiner Mutter zum 60. Geburtstag zu gratulieren (Happy Birthday, Mama, wir sehen uns bald in den USA!). Mit einem weiteren Sammeltaxi und einem Bus erreichen wir nach 2 mal umsteigen Varadero.


Varadero



18/8/17

Trotz Hotelhölle Kubas schönster Strand!

Von den anderen Orten auf Kuba waren wir auf Grund der vielen Pauschaltouristen ziemlich enttäuscht, in Varadero komischerweise nicht so. Wahrscheinlich weil wir es von Varadero vorher wussten und uns gleich darauf eingestellt haben. Wir wollten die letzten Tage, bevor wir in die USA fliegen, einfach noch an einem schönen Strand verbringen. Varadero ist leider ziemlich teuer. Daher schlafen wir in einem Vorort und nehmen für ein günstiges Casa und eine große Auswahl an Pesoshops einen 20 minütigen Fußweg zum Strand in Kauf. Was wir jedesmal wieder so machen würden. Santa Marta war super nett und überschaulich und eben nicht so überlaufen. Was soll ich sagen, der Strand in Varadero hat trotz Hotelhölle alle Erwartungen übertroffen! Man denkt, man schaut auf eine Fototapete oder durch einen Fotofilter. Das Wasser ist traumhaft türkis und der Strand herrlich weiß. Wir lassen es uns ein paar Tage gut gehen und holen uns trotz Schatten und Sonnencreme einen Sonnenbrand. Varadero als Ort fanden wir eher weniger spannend. Ein großes Hotel reiht sich an das nächste, es gibt eine Delphinshow, ein künstliches Naturreservoir und eine Marina. Die Halbinsel auf der Varadero liegt ist sehr schmal, dafür 22 km lang. Mit einem Hop-on-hop-off-Bus klappern wir die 22 km ab und sind danach froh, wieder in unserer beschaulichen Strandecke in der Nähe von Santa Marta zu landen. Die riesigen Hotelresorts haben mit dem restlichen Kuba herzlich wenig zu tun. Immerhin begegnen wir im vorderen Teil vielen Kubanern, für die der Urlaub hier nicht außergewöhnlich teuer zu sein scheint (Ferienwohnungen und Busse haben überall den gleichen Preis). Vor nicht allzu langer Zeit war es Kubanern verboten, in Varadero Urlaub zu machen, sie kamen gar nicht durch die Kontrollpunkte auf der einzigen Brücke, die auf die Halbinsel führt.


La Habana



20/8/17

Die restlichen Tage bis zum Abflug wollen wir unbedingt nochmal in Havanna verbringen. Überraschung: Dieses Wochenende ist Karneval in Havanna! Der Malecón verwandelte sich also in eine noch viel größere Karnevalpartymeile als in Cienfuegos. Außerdem größere Umzugswägen, pompösere Kostüme und viel mehr Menschen!
Außerdem erkunden wir ein weiteres Viertel. „Vedado“ ist das sogenannte Reichenviertel, was ja irgendwie komisch ist im Kommunismus. Naja, manche sind eben gleicher als andere…. "Vedado" ist das modernste Viertel Kubas, es entstand etwa zwischen 1920 und 1950, und ist heute das wirtschaftliche und finanzielle Zentrum Havannas. Vor allem reiche Mafiosis bebauten in den 50ern die erhöhte, damals noch bewaldete Gegend, mit Spielkasinos und riesigen Hotels, immernoch die einzigen Hochhäuser Havannas. Des Weiteren entdecken wir luxuriöse Villengegenden mit prächtigen Gärten.
Am nächsten Tag machen wir noch einen Ausflug zum Playa Santa Maria del Mar, einem relativ verdreckten Strand und besuchen das Museo Nacional de Bellas Artes Cubanos, in dem sehr eindrucksvolle kubanische Kunst gezeigt wird (wirklich empfehlenswert!).

Kuba Fazit:

Das Land und die Menschen sind toll, aber der Tourismus hat es schon ein bisschen kaputt gemacht. Den Kommunismus spürt man nur, wenn man es drauf anlegt. Man muss vielleicht einfach wissen, was man möchte. Wenn man ein bisschen Urlaub möchte und auch gerne mal eine Pauschalreise bucht, ist man hier absolut richtig, aber es ist kein typisches Backpacking-Reiseland. Wir hatten vorher schon von ähnlichen Berichten im Internet gelesen, aber wollten trotzdem unbedingt hin, wie die ganzen anderen eben auch. Unsere Alternative wäre Mexiko gewesen und wir sind ein bisschen traurig, dass wir nicht lieber dorthin geflogen sind. Andere zentralamerikanische oder karibische Länder bieten mindestens genauso viel, nur dass sie noch unberührter wirken. Obwohl wir auch richtig schöne Tage hatten und gerade Havanna Centro uns sehr gefallen hat und diese ganz andere, moderne aber irgendwo doch so rückständige, kubanische Kultur uns ziemlich faszinierte, können wir den Kubahype nicht nachvollziehen. Fliegt lieber nach Nicaragua! Da gibt’s auch bunte Häuser, alte Schulbusse, das Essen ist ähnlich und es war auch mal kommunistisch.


USA

Internet im Flugzeug! Verrückt...

Internet im Flugzeug! Verrückt...

L.A. wir kommen!

L.A. wir kommen!

Am Ende unserer Kubareise freuen wir uns besonders, dass es weitergeht. Nicht nur, weil wir keine Kubafans geworden sind, sondern auch, weil uns für den Rest der Reise noch einmal etwas ganz anderes erwartet und wir Abwechslung nun mal lieben. Außerdem freuen wir uns auf unseren Besuch! Von Havanna fliegen wir mit Alaska Airlines, einer US-amerikanischen Airline, nach L.A. Den Unterschied merkt man schon im Flieger, denn es gibt WLAN! Noch nie hatten wir Internet im Flugzeug und grade nach der schlechten Internetverbindung auf Kuba, freuen wir uns umso mehr, erstmal die Flugzeit zu nutzen, um allen wieder zu schreiben. Den Kontakt zu den daheim gebliebenen aufrecht zu erhalten, war uns sehr wichtig, sonst wurde das Heimweh zu groß. In L.A. dauerte es wegen der anstrengenden Sicherheits- und Einreisekontrollen 2 Stunden, um überhaupt das Flughafengebäude zu verlassen. Es schleicht sich ein leichtes Kulturschockgefühl ein, größer könnte der Unterschied zwischen Kommunismus und Kapitalismus wohl nicht sein.
In unserem Motel treffen wir meine Mutter (Sylvia) und trinken erstmal ein Wiedersehensfreudebierchen, bevor es gleich am nächsten Morgen mit dem Greyhoundbus weitergeht nach San Diego.


San Diego



23/8/17

In den USA ist alles größer

Die Worte, die in den ersten Tagen am häufigsten fallen, sind: „Wow, ist das groß“, „ist das riesig“, „gigantisch“. Wir kommen aus dem Staunen gar nicht raus, schon der Flughafen in L.A. war so riesig und dann all die Häuser und Straßen und Supermärkte und und und… San Diego soll eigentlich die Stadt mit dem besten Wetter an der Westküste sein, aber es ist bewölkt und ziemlich kalt. Das Wetter in den USA sollte uns noch ein paar weitere Streiche spielen. Auf dem Weg nach Las Vegas wird es in der Wüste regnen und in Santa Cruz werden wir den heißesten Tag seit 1971 erleben.
San Diego gefällt uns dreien richtig gut und ist ein guter USA Einstieg. Wir erkunden am ersten Tag das Gaslamp Quarter, Little Italy und den Hafen. Dabei fällt uns auf, dass es erstaunlich wenige Fußgänger gibt und leider viel zu viele Autos. Obwohl die Viertel eigentlich ziemlich touristisch hergerichtet waren, wirkten viele Straßen fast verlassen.
Den zweiten Tag verbringen wir in der Old Town, die häufig als Geburtsplatz Kaliforniens bezeichnet wird. Die ersten Europäer sollen hier gesiedelt haben. Heute kann man ein paar Dutzend historische Gebäude, die zwischen 1821 und 1872 erbaut wurden, besichtigen. Danach geht es weiter zum Picknicken und Powernappen an die schöne Strandpromenade. Um dann aber doch noch einmal alles richtig überblicken zu können, verschlägt es uns in die Altitude-Bar im 22. Stocks des Marriott Hotels, bevor wir abends die besten Burritos überhaupt essen. Wenn ihr jemals nach San Diego kommt, geht unbedingt ins Lucha Libre! Schon allein die Inneneinrichtung voller verrückter mexikanischer Wrestling-Masken ist ein Besuch wert.
Am nächsten Morgen geht es für Nils und Birgit früh morgens mit dem Flieger nach San Francisco, wo sie unseren Campervan für die nächsten zwei Wochen abholen. Ich fahre mit dem Bus zurück nach L.A., um Maxi und Sophia vom Flughafen abzuholen.


Los Angeles



25/8/17

Wir wurden nach unserer Ankunft in Deutschland ein Monat später immer mal wieder gefragt, wie sicher wir uns unterwegs gefühlt haben, dabei waren aber meistens eher die süd- und mittelamerikanischen Länder gemeint. Die Antwort: Wir haben uns überall sehr sicher gefühlt. Zu Beginn in Peru hatten wir ein bisschen Bammel vor den Nachtbusfahrten, weil uns der Lonely Planet und die Seite des Auswärtigen Amtes verrückt gemacht haben und vor Raubüberfällen gewarnt haben. Vor Ort hat sich das aber sofort gelegt. Am besten nie vorher verrückt machen lassen und vor Ort erstmal selbst einen Eindruck verschaffen (und vor allem nicht vom Tropenarzt verrückt machen lassen, dann dreht man irgendwann durch wegen sämtlicher Mückenstiche, die sich so oder so nicht vermeiden lassen). Es gibt immer mal wieder unsichere Viertel, aber wenn man sich dort nicht gerade alleine zu den verrücktesten Zeiten aufhält, war immer alles gut. Um aber zur eigentlichen Geschichte zurückzukommen: in L.A. hatte ich, als ich alleine unterwegs war, zum ersten und einzigen Mal Angst. Auf den Straßen waren mal wieder keine Fußgänger unterwegs. Mir kamen nur ein paar Möchtegern-Gängsterrapper entgegen, die sich ihre Sprüche nicht verkneifen konnten. In dem Moment dachte ich schon darüber nach, was ich jetzt hier alleine machen würde, wenn sie ihre Sprüche in die Tat umsetzen würden…. Kaum ist man wieder in einem westlichen Land, wird man auch wieder von den westlichen Ängsten eingeholt.
Abends kommen Nils und Birgit nach einem sehr langen Tag mit Maggie, unserem Van an, der danach erstmal ausgiebig begutachtet wird. Eigentlich wollten wir ein größeres Wohnmobil mieten, da man, wie wir leider immer wieder feststellen mussten, in den USA nicht so spontan und flexibel wie in den anderen Ländern unterwegs sein kann, war natürlich schon alles ausgebucht. Wichtiger USA-Reisetipp: Am besten ein Jahr oder mehrere Monate vorher buchen und alles ganz genau festlegen! Auch sämtliche Campingplätze wollen sehr rechtzeitig reserviert werden. Hat leider nicht unseren Vorstellungen von Freiheitsgefühl und Roadtrip entsprochen.
Nächster Tipp: L.A. so schnell wie möglich verlassen! Wir hatten zwar auch ein paar nette Tage dort, aber das Verkehrschaos und die weiten Entfernungen waren eher anstrengend. Wir erkunden Santa Monica, den Venice Beach, die Hollywood Hills, sowie das Observatorium. Am Venice Beach hat es uns mit Abstand am besten gefallen! Obwohl es ein bewölkter Strandtag war, hat es bei unserem Besuch für einen nachhaltigen Sonnenbrand gereicht. Wir waren sehr froh über unsere liebe Maggie. Ohne Auto wäre man in L.A. tatsächlich ziemlich aufgeschmissen. Wir erkunden erstmal einen Walmart und Nils und Maxi starten eine Maxi-Maxi-Fotoreihe. Maxi hält sämtliche Maxigrößenverpackungen stolz wie Harry in die Luft. Unser Lieblingssupermarkt wird aber schnell Trader Joes, und so schaffen wir es auch, uns nicht ausschließlich von dem verlockenden Riesenangebot an Fast Food zu ernähren. Am letzten Tag in L.A. holt uns das Verkehrschaos leider ein und wir bauen einen kleinen Autounfall. Zum Glück bleibt es bei ein paar Schrammen im Blech und einem geknickten Nils als Fahrer. Die letzte Nacht schlafen wir auf einem Campingplatz direkt neben Micky und Co. im Disneyland. Über den Schock am Nachmittag trösten wir uns mit einem Kanister Weißwein hinweg, was nachts zu einem kleinen Malheur in Van führt. Die Tür klemmte und ging einfach nicht auf. Und nein, auch wenn ich für solche Geschichten bekannt bin, diesmal war es nicht ich! Leicht verkatert suchen Nils und ich am nächsten Tag sehr früh morgens ein Internetcafé, da Nils ein Skypeinterview für eine Doktorandenstelle hatte. Zu spät und mit viel zu schlechter Verbindung, fand das Interview zum Glück gerade noch statt. Naja, unser Familiensprichwort wird schnell: Normal kann ja jeder 😉


Las Vegas



28/8/17

Die Wüstenmetropole

Schon alleine die Autofahrt nach Las Vegas verschlägt uns die Sprache, so beeindruckend sieht die Natur aus. Die „Wüste“ überrascht mit ihren Felsformationen, Sanddünen und verkrusteten Salzseen.
Unser Hotel in Vegas ist mal wieder riesig (was sonst?), wir haben ein großes, perfekt ausgestattetes Appartement für uns und einen sehr schönen Außenpool und das alles zu einem wahnsinnig günstigen Preis. Die Hotels sind wirklich mit Abstand am billigsten. Man soll wohl angelockt werden, um sein Geld in den hoteleigenen Kasinos zu lassen.
Am ersten Abend besuchen wir, um Birgits Geburtstag gebührend nachzufeiern, eine Elvis-Show und erkunden den Strip. Danach fallen wir völlig erschlagen von der trockenen und heißen Luft und von einer kompletten Reizüberflutung ins Bett. Es ist schon ziemlich verrückt so eine wahnsinnige Stadt mitten in der Wüste zu errichten.
Auf der Reise haben wir schon öfter mit dem Gedanken gespielt, dass wenn man schon mal auf seiner Hochzeitsreise in Vegas vorbeikommt, ein drittes Mal zu heiraten. Die Hochzeit war einfach zu schön, davon können wir nicht genug haben. Deswegen haben wir uns noch einmal eine kitschige Hochzeitsversion gegönnt. Mit weißer Limo geht’s mit Riesensonnenbrille und Sneakern in eine der vielen Wedding Chapels und keine 10 min später sind wir zum dritten Mal Mann und Frau. Von unserem Besuch gar nicht unter Druck gesetzt, mache ich diesmal Nils den Antrag: „Lieber Nils, willst du mich nach unserer ersten Eheprobezeit noch einmal heiraten?“ Abends erkunden wir den restlichen Teil des Vegas Strip und schleichen uns in ein sehr hohes Hotel, um mal wieder eine schöne Aussicht zu genießen.
Wir verließen Vegas alle mit dem gleichen Fazit: Es war super interessant diese verrückte Stadt einmal miterlebt zu haben, aber nach den zwei Tagen, waren wir auch froh, dass der Spuk wieder vorbei war und wiederkommen muss man auch nicht unbedingt in diese Konsumhölle.


Big Sur



30/8/17

Auf dem malerischen Pacific Coast Highway

Bevor die Reise weitergeht an der superbeeindruckenden Küste, verbringen wir noch eine Nacht auf einem Campingplatz am Meer, aber auch direkt unter der Flugschneise vom LAX-Flughafen in L.A.. Mittlerweile haben wir auch schon eine kleine Camperroutine entwickelt. Abends das Dachzelt aufbauen, die Sitze unten im Van umfunktionieren zum Bett und meist im Dunkeln etwas kochen auf unserem Campingkocher. Morgens steht das große Spülen und wieder alles abbauen auf dem Plan.
Leider kam es zu einem Erdrutsch im Mai diesen Jahres, sodass ein großes Stück der Big Sur Streck am unteren Pacific Coast Highways gesperrt war und wir einen ziemlich großen Umweg hinter der direkt am Pazifik gelegenen Bergkette der California Coast Ranges in Kauf nehmen mussten. Aber das hat sich mehr als gelohnt. Wir schlafen eine Nacht sehr naturnah im Pfeiffer Nationalpark und erkunden die Küstenstrecke, die wirklich unbeschreiblich schön war. Neben San Francisco genießen wir die Küstenstrecke am allermeisten bei unserem Roadtrip. Für die nächsten Nächte finden einen letzten freien Platz in Aptos, einem Vorort von Santa Cruz. Dort erleben wir den heißesten Tag seit 1971 und fliehen irgendwann sogar vor der Hitze am Strand. In der Eisdiele und im Schatten ließ es sich dann doch besser aushalten. Leider waren die Strände in der Nähe von Santa Cruz nicht ganz so schön. Das Wasser war ganz braun und ölig und der Geruch dementsprechend. Santa Cruz selbst ist eine sehr niedliche Stadt, mit vielen kleinen Hippiegeschäften und vielen verrückten Persönlichkeiten. Bei einem Tagesausflug per Bus von Aptos aus shoppen wir uns einmal die Pacific Avenue hoch und runter und chillen unter den Riesenrädern am proppevollen Main Beach.


Yosemite



4/9/17

Amerikas spektakuläre Naturwunder

Auf dem Weg zum Yosemite Nationalpark verändert sich das Naturbild komplett und wir genießen die Fahrt mit der schönen Aussicht. Auf dem Campingplatz im Park müssen wir wegen der Braunbären unsere Lebensmittel und Kosmetikartikel in einer sicheren Eisenbox verschließen. Die Bärengefahr hat für ein bisschen Nervenkitzel gesorgt, eine Mischung aus Angst und Neugierde. Zu gerne hätte man dann doch mal einen echten Bären gesehen.
Am ersten Tag im Park machen wir einen kurzen Spaziergang am Hetch Hetchy Staudamm, am zweiten erkunden wir den Vernal Wasserfall, den Mirror Lake und den Lower Yosemite Wasserfall. Die Natur war wirklich beeindruckend und wir haben so viele niedliche Eichhörnchen gesehen, die in der Hoffnung auf Nahrung gerne für Touristen posen. Vielleicht lag es auch daran, dass wir die Wanderwege gewählt haben, die man nicht vorreservieren musste, aber die Wege waren schon ziemlich hergerichtet, mit Toilettenhäusern und Wasserspendern am Wegesrand und Busshuttleservice von Wanderweg zu Wanderweg. Durch die verschiedenen Hotels, Campingplätze und Restaurants wirkte der Park eher wie ein Vergnügungspark als ein Naturpark. Lustig waren auch die amerikanischen „Wanderer“ anzuschauen, die perfekt ausgestattet mit Wassertrinkhalm im Rucksack und Moskitonetzkopfschutz die Wege entlang wandern, die eher leichten Spaziergängen gleichen.
Vorm unteren Yosemite Fall warnen extrem viele Schilder vor Knochenbrüchen, man solle ja nicht die asphaltierten Wege verlassen. Wir fragen uns noch, ob das nicht übertrieben sei, als wir jedoch hinter der nächsten Ecke die Tourimassen entdecken, die allesamt über die Wegbegrenzung gestiegen waren, um auf den Felsen vorm Wasserfall zu klettern, glich der Anblick wirklich einem Affenberg im Zoo. Und prompt rutscht ein Touri beim Fotomachen vom Felsen ab und bricht sich den Arm.
Bevor wir zu unserem Campingplatz zurückfahren, schleichen wir uns noch kurz auf einen anderen Luxuscampingplatz und genießen die schön warmen Duschen, die unserer einfacher Waldstellplatz nicht hatte.


San Francisco



6/9/17

If you're going to San Francisco

Die letzten Tage vorm Abflug unseres Besuchs verbringen wir in San Francisco in einem schmucken alten Hotel, deswegen geben wir unsere Maggie schweren Herzens wieder ab. Wir hatten die Autovermietung zwar schon über den Unfall informiert und es gab auch dank der Versicherung keine Probleme, trotzdem hatten wir ein bisschen Bammel vor der Autoübergabe. Der Verleih hat jedoch mehr als gelassen reagiert mit den Worten: „That`s how California drives!“ Der Fahrstil ist wirklich ziemlich rabiat und erstmal gewöhnungsbedürftig.

In San Francisco besuchen wir Chinatown, Little Italy, den Pier Fisherman's Wharf, natürlich die Golden Gate Bridge, den Golden Gate Park und das Hippieviertel Ashbury & Height. Insgesamt hat uns die Stadt wirklich super gefallen, die Atmosphäre mit soviel Wasser außenrum und den entspannten Leuten war sehr schön. Zwei Dinge bleiben mir in besonderer Erinnerung. Zum Einen die Obdachlosendichte. Noch in keiner anderen Stadt haben wir so viele Obdachlose und/oder Drogenjunkies gesehen. Und direkt daneben reiche Viertel und teure Restaurants. Der Kontrast war wirklich stark und sehr erschreckend. Das amerikanische Wirtschaftssystem war häufiger Gesprächsthema im Van und begeistert war wohl keiner von uns. Zum Anderen bleibt mir das extrem gute asiatische Essen aus Chinatown in Erinnerung. So gut und authentisch haben wir vorher noch nicht vietnamesisch gesessen. Ich würde schon allein fürs Essen zurückfliegen. Wir schaffen es in zwei Tagen zweimal vietnamesisch und einmal thailändisch essen zu gehen. Yummie!
Auf dem Weg zur Golden Gate Bridge spazieren wir kilometerlang die Promenade entlang. An einer komplett zufälligen Stelle geht Nils noch einmal zum Wasser runter, um Fotos zu machen. Er ruft uns ganz aufgeregt. Auf der Rückseite von der kleinen Promenadenmauer steht mit Kreide gekritzelt: „What the world needs now is love!“ Wer erkennts wieder? Zu What The World Needs Now haben wir unseren Hochzeitstanz getanzt!

Den letzten Abend lassen wir in einer Bar ausklingen. Der Abschied am nächsten Tag fällt natürlich schwer, so schön und erlebnisreich waren die letzten zweieinhalb Wochen! Mich befällt ziemlich starkes Heimweh für die nächsten Tage. Unsere Abreise steht sowieso schon so nah bevor und dann den Besuch heimfliegen zu sehen und selbst nicht mitzukommen, war nicht so leicht.
So, jetzt ruft aber die Arbeit! Um mal wieder fleißig zu sein und eine Arbeitswoche einzulegen, quartieren wir uns für eine Woche bei Timo und Fanny in Redwood City in der Bay Area ein. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal dafür!
Natürlich arbeiten wir nicht nur. Am Wochenende machen wir mit Timo, seiner Schwester und dessen Freund ein Camping-Wochenende am Lake Tahoe.


Lake Tahoe



9/9/17

Lake Tahoe

Dank Fannys Packvorliebe- und künsten steuern wir vollbeladen und amerikanisch perfekt ausgestattet mit Timos Auto einen Campingplatz an. Der See sieht einfach traumhaft aus und wir überwinden uns sogar in das kalte glasklare Wasser zu springen. Abends machen wir ein Feuer, um uns aufzuwärmen und sind bei nächtlichen 5 Grad sehr froh über die dicken Schlafsäcke, die uns Fanny eingepackt hat. Der Vorteil, wenn man klein ist, ist, dass man zu zweit in einen Schlafsack passt, dann ist es auch gleich viel wärmer. Vor der Abfahrt am nächsten Tag machen wir noch eine kleine Wanderung, um die Aussicht über den See zu genießen.


Bay Area



10/9/17

In der Woche darauf arbeiten wir hauptsächlich und machen abends ein paar kleinere Ausflüge. Da Timo bei Facebook arbeitet, haben wir das Glück, dass er uns den Facebook Campus zeigt. Der Campus ist riesig, es gibt so viele richtig gute Restaurants und Freizeitaktivitäten, die alle umsonst sind, und außerdem dürfen wir das neueste Modell von Oculus Rift testen, eine Brille, die einen in virtuelle Realitäten versetzt.
Am nächsten Tag holen wir im Apple Store in Palo Alto mein neues iPhone, das wir dank Timos Kontakten über Mitarbeiterrabatte ziemlich günstig ergattert haben, ab. Ja, ich gebe es zu, ich habe mich lange geweigert, aber ich bin auch ein Apple-Opfer geworden. Nach jahrelangen verschwommenen Fotos von meinem Samsung S3 Mini, hat mich die Kamera einfach überzeugt. In Palo Alto lassen wir uns die Gelegenheit nicht nehmen, nochmal thailändisch essen zu gehen.
Die Wohnanlage, in der Timo wohnt, hat einen Büroraum mit Druckern, eine Dachterrasse mit Riesengrill, einen Gemeinschaftsraum mit Kaffeeautomaten, WLAN und Billardtischen und, last but not least, einen Pool und Whirlpool. So verbringen wir einen weiteren Abend im blubbernden Nass zwischen lauter Bay Area-IT-Nerds. Die Gespräche sind immer die gleichen. „Wo arbeitest du?“ – „Facebook und du?“ – „Ich auch“ – oder vielleicht noch - „bei Apple“.
Am letzten Abend fahren wir dann nochmal nach San Francisco und besuchen das Exploratorium, ein richtig gut gemachtes, witziges Mit-mach-Museum für Naturwissenschaften, das abends nochmal für Erwachsene seine Türen öffnet und Craft Bier verkauft.


Chicago



15/9/17

The Windy City

Unser letzter Stopp sollte New York lauten, aber als wir beim Buchen merkten, dass die günstigsten Verbindungen meist einen Umstieg in Chicago bedeuteten, wollten wir die Chance nutzen und in Amerikas drittgrößter Stadt noch einen Wochenendstopp einlegen. Am Flughafen in San Francisco erfahren wir allerdings, dass wir nicht in unseren Flieger nach Chicago passen, weil er mit 70 Passagieren überbucht ist. Für uns war es ein Glücksfall, der nächste Flieger ging schon eine Stunde später, aber wir erhielten als Entschädigung von United Airlines pro Person einen 250 Dollar Gutschein, den wir später sehr lukrativ bei ebay wieder verkaufen konnten. Und an dieser Stelle ein kleiner Reisekassensparhighfive!
Auf Chicago freuen wir uns nicht nur wegen der Stadt selbst, sondern auch, weil wir Hannah und Jonas treffen! Wir verbringen ein sehr schönes Wochenende zusammen und die Stadt haut uns regelrecht um! Al Capones Chicago hat es bei Nils hinter New York auf Platz zwei der schönsten US-Städte geschafft und ist meine Nummer eins.
Die Häuser in den Wohnvierteln haben teilweise was britisches an sich, die Stadt wirkt jünger und studentischer und das Zentrum super modern.
Wir besichtigen die Downtown mit ihren riesigen Häusern und den fast futuristischen Sehenswürdigkeiten. Das besondere Highlight ist die Bean, eine riesige Spiegel-Bohne, in der sich die Skyline spiegelt, und die Crown Fountain, die im Wechsel Bilder von Chicagoern zeigt und einen riesigen Wasserspielplatz darstellt.
Das Viertel, in dem unser AirBnB liegt, gefällt uns auch besonders gut. Wir besuchen einen Farmers Market mit sehr großem veganen Angebot und nutzen, als Hannah und Jonas sich Richtung Ann Arbor verabschieden, die Nähe zum Lake Michigan, um das Wochenende am See ausklingen zu lassen, bevor es am nächsten Tag nach Washington weitergeht.


Washington D.C.



18/9/17


New York



19/9/17

New York

Wer hat an der Uhr gedreht? Wo ist nur unsere schöne Reisezeit geblieben? Gerade sind wir erst nach Santiago de Chile geflogen, schon wachen wir in New York City auf und uns bleibt nur noch eine letzte Woche.
Die ersten drei Tage gefällt uns New York gar nicht so gut. Irgendwie war alles einerseits so beeindruckend, aber andrerseits zu viel. Die Gebäude sind mal wieder riesig, die Menschen extrem viele, die Geräusche sehr laut. Das Auge war überfordert, alles zu erfassen, was man gleichzeitig zu sehen bekam. New York hat uns überfordert. Wir schliefen jede Nacht 10 Stunden, um die Eindrücke zu verarbeiten. In den ersten drei Tagen haben wir auch die typischen Sehenswürdigkeiten angeschaut: Middle Town, Time Square, Soho, Little Italy, Chinatown, Financial District, Chelsea, Meatpacking District, High Line Park, etc.
Schon allein der typische Trader Joes-Einkauf wurde zum Erlebnis. Die Schlange begann an der Eingangstür und ging einmal durch den ganzen Laden. Nils durfte sich direkt anstellen und ich habe ihm dann die Sachen nach und nach in die Schlange gebracht. Am Ende standen 22 Kassen, um die Massen schneller abzufertigen.
Am vierten Tag haben wir entschieden, die Dinge langsamer anzugehen und uns mehr in Wassernähe aufzuhalten, da fühlen wir uns meistens am wohlsten und Wasser entspannt ja auch.
Wir fahren mit der Staten Island Ferry an der Freiheitsstatue vorbei und treffen uns danach mit Chrischi, einem Bekannten von Nils aus Göttingen, und gehen in Soho schick italienisch essen. Und er zeigt uns die Fat Cat Bar in Greenwich Village.
Bevor wir am nächsten Tag das Museum of Modern Arts (MoMa) besuchen, picknicken wir im Central Park und werden bei unserem Mittagsschlaf im Park von einer Hochzeitsgesellschaft geweckt.
Wir wohnen in einer AirBnB-Wohnung in einem ehemaligen Texttilfabrikgebäude in Brooklyn mit einem Paar und zwei Hunden. Vom Dach aus hat man eine atemberaubende Aussicht über Brooklyn bis Manhatten.
In Brooklyn selbst gab es auch eine Menge zu erkunden: über den Williamsburg Food Market schlendern, den Sonnenuntergang an der Waterfront Promenade genießen, jede Menge super leckeres veganes Essen essen (absolute Empfehlung: Champs Diner – bester veganer Burger auf der ganzen Welt!), durch sämtliche Second Hand Geschäfte bummeln, verschiedene Biersorten probieren in Brooklyns Barszene, etc.
Ein besonderes Highlight war für uns in der Dämmerung über die Brooklyn Bridge zu gehen und danach die Lichter der Stadt vom Brooklyn Bridge Park im Stadtteil Dumbo zu bewundern.
Viele denken, dass New York sehr teuer ist. Das stimmt nur bedingt. Essen gehen ist sehr teuer und man kann auch viel Geld für Sehenswürdigkeiten ausgeben. Aber man kann es eben auch lassen. Unser AirBnB-Wohnung war preislich okay, die Öffis günstiger als in Berlin und wir haben viel selbst im AirBnb gekocht. Viele Museen haben einen freien Eintrittstag in der Woche. Man kann mit der öffentlichen Fähre umsonst an der Freiheitsstatue vorbeifahren, anstatt für 30 Dollar mit dem Touriboot hinzufahren. Und statt aufs Empire State Building zu gehen, kann man in eine Rooftopbar gehen. Wir haben keinen Cent für Sehenswürdigkeiten ausgeben und so viel gesehen.
Am vorletzten Tag testen mal wieder ein veganes Lokal aus. Bei „By Chloe“ futtern wir uns durch und statten uns mit einem New York typischen grünen Smoothie aus, um uns auf den Weg ins Musical zu machen, schließlich müssen wir noch unser letztes Hochzeitsgeschenk einlösen. Vielen Dank nochmal an Lea, Basti, Meike, Daniel und Heike. „Chicago“ ist wirklich ein tolles Stück! Um den schönen Tag ausklingen zu lassen, suchen wir eine Rooftopbar auf.

New York gefällt uns von Tag zu Tag immer besser und am Ende sind wir richtige New York Fans. Trotzdem fällt es uns wirklich schwer, die Tage so richtig zu genießen. Das Gefühl, das die Reise bald vorbei ist, überschattet die Tage. Einerseits freuen wir uns riesig auf Freunde und Familie, andrerseits wollen wir nicht zurück und am liebsten einfach weiterreisen. Wir wollen nicht in alte Verhaltensmuster zurück verfallen und ins deutsche Hamsterrad zurück. Bei Nils kommt dazu, dass er sich einen Job suchen muss. Bei mir ist sozusagen erstmal klar wie es weitergeht wegen der Uni, aber auf ihn hat keine Verpflichtung gewartet. Da wir auf der Reise finanziell wirklich mehr als gut ausgekommen sind, bestand die Überlegung schon, die Reise zu verlängern, aber mein Master hat zu laut aus Deutschland gerufen. Auch wenn wir jetzt zurück sind und Nils einen Job gefunden hat, bleibt der Gedanke, irgendwas anders zu machen. Immer wieder zu reisen und sich nicht 45 Jahre dem strengen Arbeitsalltag hinzugeben. Wir brauchen nicht viel Geld, um glücklich zu sein, wir werden eher schon wieder extrem von Fernweh geplagt, deswegen heißt es nach dem Master hoffentlich nochmal Tschüss, Deutschland! Ohne Aussicht auf die nächste Reise wäre uns die Heimreise wohl noch schwerer gefallen.
Am letzten Tag fahren wir zum Coney Island Beach und legen uns einfach so richtig faul bei 35 Grad in die Sonne, bevor 2 Tage später FlipFlops und Shorts den dicken Sachen weichen müssen. Den Abend verbringen wir nochmal im Brooklyn Bridge Park und können uns das ein oder andere Wehmutstränchen nicht verdrücken. Egal, was jetzt kommt, unsere Erinnerungen aus den letzten fünf Monaten kann uns niemand mehr nehmen. Was hat uns dieses verrückte 2017 alles geschenkt. Danke, mein lieber Nils, für das schönste Jahr in meinem Leben! Und danke an alle, die wir unterwegs getroffen haben. 10 Freunde von zu Hause in 5 Monaten ist eine starke Bilanz. Und danke auch an die, die uns digital begleitet haben und uns den Kontakt gehalten haben. Wir freuen uns auf jeden einzelnen von euch!
Wir fliegen über London nach Kopenhagen und fahren von dort aus mit dem guten alten Flixbus nach Lübeck. Irgendwie ein super komisches Gefühl, jetzt wieder zu Hause zu sein, hier scheint sich die Zeit kaum weitergedreht zu haben. Wir sind einfach wieder hier, als wäre nichts gewesen.